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Louis (Ludwig) Montoyer

Persönliche Daten
Ausbildung, Studienreisen, internationale Aufenthalte
Beruflicher Werdegang, Lehrtätigkeit
Auszeichnungen und Ämter
Vita
Stellenwert
Werke
Primärquellen
Sekundärquellen
Anmerkungen
Persönliche Daten
* 1749? - † 05.06.1811
Geschlecht: m
Geburtsort: Mariemont, Hennegau
Land: Belgien
damaliger Name: österr.Niederlande
Sterbeort: Wien
Land: Österreich
damaliger Name: Kaisertum Österreich
Titel: k.k. Hofarchitekt
Religionsbekenntnis: Röm. - Kath.
Berufsbezeichnung: Architekt
Familiäres Umfeld: Vater: Louis M., Jäger bei Prinz Karl v. Lothringen
Mutter: Maria geb. Barbarini
Ehe mit Marianne Eyss (ca.1774–1851)
Sohn: Ludwig (*1802), k.k. Burghauptmann
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Ausbildung, Studienreisen, internationale Aufenthalte
nicht bekannt
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Beruflicher Werdegang, Lehrtätigkeit
ab 1778als Architekt in Brüssel tätig
1780Hofarchitekt Herzogs Albert Kasimir v.Sachsen-Teschen, Generalgouverneurs der österr. Niederlande
1795in Dienst Herzogs Albert Kasimir v.Sachsen-Teschen in Wien
1800in Dienst beim k.k. Hof
1803Titular-Hofarchitekt
1807k.k. Hofarchitekt
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Auszeichnungen und Ämter
1805Ehrenbürger der Stadt Wien
1811große gold. Zivilehrenmedaille
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Vita
Louis (Ludwig) Montoyer wurde um 1749 in Mariemont, österr. Niederlande (heute Belgien) geboren. Über sein Geburtsjahr, seine Ausbildung sowie über seine Jugendzeit gibt es keine Angaben. Sein erstes gesichertes Werk ist das Collège du Pape in Löwen (1776), das durch seine Unausgeglichenheit generell als Jugendwerk angesehen wird. 1778 erhielt Montoyer das Bürgerdiplom der Stadt Brüssel, wo er auch tätig war. In Brüssel wurde er zuerst Praktikant bei L.B. Devez, dem Architekten von Karl von Lothringen, dann Mitarbeiter von B. Guimard de la Brabe beim Ausbau des Quartier du Parc, eines klassizistischen Ensembles im Zentrum Brüssels, und bei der Fertigstellung der Kirche St. Jakob.

1780, nach dem Regierungsantritt des Herzogs Albert v Sachsen-Teschen als Generalgouverneurs der österr. Niederlande, erlangte Montoyer dessen Gunst und wurde dessen Hofarchitekt in Brüssel. In den 1780er Jahren entfaltete sich dort eine reiche Bautätigkeit, von der er viel profitieren konnte. Durch einen Baufehler bei der Kirche St-Jacques-sur-Coudenberg in Brüssel, die er 1786 vollendet hatte, schien seine Stellung jedoch erschüttert. Vielleicht deswegen nach Wien geflüchtet, wurde er Unterhofarchitekt und bewarb sich um die Aufnahme an der Akademie. Er konnte jedoch bald rehabilitiert nach Brüssel zurückkehren und sich wichtigen Bauaufträgen, wie dem Schloss Laeken und der (unvollendeten) Militärakademie widmen. Die Unruhen von 1792 und 1794 hemmten seine weitere Tätigkeit; 1795 ging er mit Albert v.Sachsen-Teschen nach Wien.

Montoyers erstes gesichertes Werk in Österreich ist die Redoute in Baden (1799). Dann folgte die Umgestaltung des Palais Silva-Tarucca auf der Augustinerbastei (1801–1804) zur Residenz seines Gönners (der heutigen Albertina).

Um 1800 trat er aus den Diensten Alberts in die des Hofes über, ab 1802 war er Hofarchitekt, wurde 1803 Titular-Hofarchitekt und 1807 „kais. auch k.k. Hofarchitekt“. In dieser Rolle erbaute er 1804–1807 den Zeremoniensaal in der Hofburg. Sein Hauptwerk in Wien ist zweifellos das Palais Rasumofsky, das er für den russischen Botschafter Andreas Prinz Rasumofsky ab 1803 (Vorentwurf), dann 1806 bis 1811 erbaute.

Louis Montoyer starb 1811 in Wien.
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Stellenwert
Louis Montoyer gehörte zu einer Gruppe von französischen Architekten, zu der auch Nicolas Jadot, Isidore Canevale und Charles (Karl) Moreau gehörten und die in Wien um die Jahrhundertwende zwischen dem 18. und 19.Jh. tätig waren. Zwei parallele Strömungen prägten den Klassizismus in Wien: einerseits die schlichten Werke von lokalen Fachleuten (besonders Baumeistern), andererseits die progressiven Tendenzen der französischen Architekten.

Montoyers Œuvre wurde kennzeichnend für die Wiener Architektur dieser Zeit, ohne eine reale Integration in die lokale Produktion zu vollziehen. Das resultierte nicht zuletzt aus den besonderen Aufgaben, die ihm zukamen: Der Rittersaal, als erster Festsaal der kaiserlichen Residenz, und die prunkvolle Residenz des russischen Prinzen Rasumofsky sollten Unikate im Wiener Architekturpanorama der ersten Hälfte des 19.Jhs. bleiben. Erst die nach ihm tätigen Architekten, wie J. Kornhäusel, hatten die Möglichkeit, sich von Montoyer inspirieren zu lassen. Doch wurde seine strenge Monumentalität von den Nachfolgern nicht erreicht.

Montoyer wurde die Schlüsselfigur für das neue repräsentative Bedürfnis, das um 1800 – anlässlich der Erhebung Österreichs zum Kaisertum – in Wien an Bedeutung gewann. Mit seinen Erfahrungen mit dem westeuropäischen Klassizismus konnte er den passenden monumentalen Gestaltungsmodus entwickeln. Wie auch Goebl (1978) anmerkte, wurde sein originaler Beitrag die Schaffung des klassizistischen „Festsaals“ schlechthin: sowohl der Rittersaal in der Hofburg als auch der Festsaal im Palais Rasumofksy fallen durch ihren architektonischen und plastischen Reichtum auf. Wagner-Rieger fand den Vorgänger für den verwendeten Typus bereits im Montoyers ersten österreichischen Bau, dem Redoutensaal in Baden, bei dem mächtige korinthische Säulen als Riesenordnung über eine in drei Zonen gegliederte Wand hinweg das Gebälk trugen (R. Wagner-Rieger 1970).

In der Hofburg wurde der fehlende repräsentative Festsaal 1804–1807 an Stelle des alten Widmertores erbaut, am Zusammenstoß der alten Burg mit dem Leopoldinischen Trakt. Der „Rittersaal“ (später Zeremoniensaal) trat senkrecht aus der langen Flucht des Burgbaus heraus und erhielt daher bald im Volksmund die Bezeichnung „die Nase“. Ob die scheinbar unmotivierte Platzwahl mit einem bislang nicht bekannten Gesamtprojekt für die Neugestaltung des vorstadtseitigen Burgtraktes in Zusammenhang stand, bleibt offen. Der Rittersaal weist einen rechteckigen Grundriss auf und besitzt – analog zum Badener Redoutensaal – innen einen dreizonigen Wandaufbau, dem eine wuchtige korinthische Säulenordnung als Riesenordnung so vorgestellt ist, dass sie, etwas von der Wand abgerückt stehend und das unverkröpft durchlaufende Gebälk tragend, als Umgang um den mit kassettierten Deckenspiegeln versehenen zentralen Saalraum erscheint. Dadurch erhält dieser Festsaal einen zweischaligen diaphanen Wandaufbau.

1803 wurde Montoyer als vornehmster Vertreter der neoklassizistischen Richtung von Prinz Andreas Rasumofsky beauftragt, eine seinen Repräsentationsansprüchen angemessene Residenz zu planen. Rasumofsky hatte schon mehrmals versucht, ausgedehnte Gründe für ein Palais samt englischem Garten zu erwerben. Das gelang ihm schließlich in der Aulandschaft unmittelbar bei der ehem. Vorstadt Landstraße. 1803 begann die Entwurfsphase, für die Montoyer mehrere Fassungen ausarbeitete. Realisiert wurde sodann das Palais Rasumofsky 1806–1811 als hofloser, mit einem Portikus ausgestatteter Haupttrakt, der von den mächtigen ionischen Säulen dominiert wird. Die Innenräume sind durch die Abfolge Stiegenhaus – überkuppelte Rotunde – Festsaal bestimmt. Das System des Rittersaals der Hofburg wird hier wiederholt, wobei die Mächtigkeit des vor die Wand gestellten „Säulenschleiers“ noch gesteigert erscheint. Eine auffallende Konkordanz zwischen Innen- und Außengliederung charakterisiert den Bau Montoyers.
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Werke

WOHN-/GESCHÄFTSBAUTEN:
Auswahl:
1801–1804Albertina, Wien 1, Albertinaplatz (Erneuerung; Innenbau teilweise von J. Kornhäusel)
1806–1811Palais Rasumofsky, Wien 3, Rasumofskygasse 23–25 (ab 1849 Geologische Reichs- bzw. Bundesanstalt, ab 2003 neue Nutzung geplant)

ÖFFENTLICHE BAUTEN:
Auswahl:
1776–1778Collège du pape, Löwen, B
1782Theatre du parc, Brüssel, B (Ausführung)
1782–1784königl. Schoss Laeken, Brüssel, B (später verändert)
1785–1787Kirche St-Jaques-sur-Caudenberg, Brüssel, B (Vollendung; später verändert)
1791Militärakademie, Ixelles (Brüssel), B (unvollendet)
1799–1801Redoute, Baden, NÖ (1908 abgetragen)
1800Kiosk im Kurpark, Baden, NÖ (1853 abgebrochen)
1804–1807Verbindungstrakt mit Rittersaal (dann Zeremoniensaal), Hofburg, Wien 1
1806Churhaus, Wien 1, Stephansplatz 3 (Aufstockung)
1806–1808Malteserkirche, Wien 1, Kärntnerstraße 35 (Fassade)
1810Schloss Buda, Budapest, H (Umbau)
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Primärquellen

NACHLÄSSE UND ARCHIVE:
OESTA; Wr.Ringstraßenarchiv; Archiv Adler; Pfarren Laimgrube, Maria Treu u. St.Rochus (Matrikenstelle)
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Sekundärquellen

LITERATUR:
Auswahl:
F. Aichelburg: Das Wiener Künstlerhaus 1861–2001. Bd.1 Wien 2003
R. Goebl: Architektur. In: Klassizismus in Wien (Ausstellungskatalog). Wien 1978
A. Kieslinger: Die Steine der Wiener Ringstraße, Die Wr.Ringstraße, Bd.4. Wiesbaden 1972
P. Kortz: Wien am Anfang d. 20. Jh.s. 1.Bd., Wien 1905
P. Kortz: Wien am Anfang d. 20. Jh.s. 2.Bd., Wien 1906
E.B. Ottillinger / L. Hanzl: Kaiserliche Interieurs: die Wohnkultur des Wiener Hofes im 19.Jahrhundert. Wien 1997
M. Paul: Technischer Führer durch Wien. Wien 1910
E. Springer: Geschichte und Kulturleben der Wiener Ringstraße, Die Wr.Ringstraße, Bd.2. Wiesbaden 1979
R. Wagner-Rieger: Die Wiener Architektur des Klassizismus. In: Alte und moderne Kunst 10.1965, H.81, S.5–10
R. Wagner-Rieger: Wiens Architektur im 19.Jh. Wien 1970
R. Wagner-Rieger: Geschichte der Architektur in Wien. Vom Klassizismus bis zur Secession. In: Geschichte der bildenden Kunst in Wien. Bd.3, Wien 1973
ÖKT 44: G. Hajos: Die Profanbauten des III., IV. und V. Bezirks. Wien 1980
Kunsthistorische Arbeitsgruppe GeVAG: Wiener Fassaden des 19.Jh.s [6. Bezirk]. Wien 1976
„Die großen Architekten der Ringstraßenzeit, ihre Vorläufer und Nachfahren auf dem Lande“. (Ausst-Kat) Bad Vöslau 1987

NACHSCHLAGEWERKE:
Dehio Wien/1 (I.Bez); Dehio Wien/2 (II.–IX.u.XX.Bez.)

LEXIKA:
ThB; Czeike

INTERNETLINKS:
www.austria-lexikon.at
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Anmerkungen
Eingegeben von: Diego Caltana
Eingegeben am: 01.10.2012
Zuletzt geändert: 15.12.2012
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