Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg

(Albin) Kurt Mothes

(Albin) Kurt Mothes

geboren: 3. November 1900 Plauen
gestorben: 12. Februar 1983 Ribnitz-Damgarten
Konfession: evangelisch-lutherisch
Vater: Ratsoberinspektor

(Albin) Kurt Mothes

Kurt Mothes wurde am 3. November 1900 in Plauen geboren. Er besuchte Schulen (Volksschule und Oberrealschule) in Plauen und legte 1918 das Kriegsabitur ab. Er erhielt eine militärische Ausbildung, kam jedoch nicht mehr zum Kriegseinsatz. Von 1918 bis 1920 absolvierte er eine Apothekerlehre in Plauen, 1920 war er Soldat in einem Zeitfreiwilligenregiment und nahm am Kampf gegen den »Hölz-Aufstand« teil. 1920/21 arbeitete er als Apothekergehilfe in Plauen. Er studierte an der Universität Leipzig, zunächst von 1921 bis 1923 Pharmazie und Chemie und legte 1923 das Pharmazeutische Staatsexamen ab Von 1923 bis 1925 setzte er das Studium der Chemie fort und ergänzte es durch die Fächer Physiologie und Pharmakologie. 1921 gründete er an der Leipziger Universität die sogenannte Helferschaft, eine Art studentische Selbstverwaltung, die u. a. durch Theaterauftritte in Dörfern die preiswerte Nahrungsmittelzufuhr zur Mensa ermöglichte. 1924 wurde er studentischer Vorsitzender der Leipziger Mensa academica. 1925 wurde Mothes bei Wilhelm Ruhland mit einer Arbeit über den Stickstoffwechsel höherer Pflanzen zum Dr. phil. promoviert. Von 1925 bis 1934 war er außerplanmäßiger Assistent am Botanischen Institut der Universität Halle, hier habilitierte er sich 1928 für Botanik und Pharmakognosie. 1927 erhielt er die Approbation als Apotheker. Am 13. Juli 1929 heiratete er die promovierte Germanistin Hilda Eilts, mit der er eine Tochter und drei Söhne hatte. 1932/33 initierte er gemeinsam mit dem Volkswirt Gerhard Mackenroth den Freiwilligen Arbeitsdienst der Universität Halle, 1933 übernahm er den Vorsitz des halleschen Studentenwerkes. Im selben Jahr erhielt er einen Lehrauftrag für Pflanzenphysiologie, Rufe an die Universitäten Bern und Ankara lehnte er ebenso ab, wie ein Rockefeller-Stipendium und eine Anstellung bei der IG Farben. 1934 wurde Mothes zum nichtbeamteten außerordentlichen Professor ernannt. Ab November 1934 leitete er vertretungsweise das Botanische Institut und den Botanischen Garten der Universität Königsberg und nahm die Professur für Botanik wahr. 1935 berufen, war er bis 1945 ordentlicher Professor der Botanik und Pharmakologie an der Universität Königsberg. Hier wurde Mothes von der Gestapo bespitzelt und mehrfach denunziert, da er der »Strasser-Fraktion« in der NSDAP zugerechnet wurde. Seit 1937 absolvierte er militärische Übungen. 1939/40 leistete er Kriegsdienst als Feldapotheker (Dienstgrad: Stabsapotheker). Von Januar bis April 1945 war er im freiwilligen Sanitätsdienst zuständig für die Versorgung Königsbergs mit Arzneimitteln und Verbandszeug. Im April 1945 geriet er in sowjetische Gefangenschaft. Zunächst arbeitete er als Waldarbeiter, dann als Apotheker in einem Hospital. Im September 1949 wurde er in die SBZ entlassen. Von 1949 bis 1957 war Mothes Abteilungsleiter für Chemische Physiologie am Akademie-Institut für Kulturpflanzenforschung in Gatersleben, ab 1950 lehrte er nebenamtlich, von 1951 bis 1962 als ordentlicher Professor an der Universität Halle das Fach Pharmakognosie. Von 1951 bis 1956 war er kommissarischer Leiter des Pharmazeutischen Instituts, von 1951 bis 1963 Direktor des Institutes für Pharmakognosie. 1963 gründete er einen Lehrstuhl für Biochemie der Pflanzen, den ersten dieser Art in Deutschland. Das ihm von Kollegen angetragene Rektorat der Universität lehnte Mothes 1961 nach Gesprächen mit der SED ab. 1958 gründete er das Institut für Biochemie der Pflanzen der Deutschen Akademie der Wissenschaften in Halle, das er bis 1967 leitete. In enger Zusammenarbeit von Akademie und Universität entstand am Weinbergweg ein biowissenschaftliches Zentrum, dass sich durch die enge Zusammenarbeit von Genetikern, Biologen, Chemikern und Pharmazeuten auszeichnete und weltweite Anerkennung genoss. 1964 fand in Weimar die einzige Tagung der Gesellschaft deutscher Naturforscher und Ärzte (GdNÄ) auf dem Gebiet der DDR unter Vorsitz von Mothes statt.

Am 20. April 1940 wurde Mothes in die Leopoldina gewählt. Von 1954 bis 1974 war er der 22. Präsident der deutschen Akademie der Naturforscher Leopoldina. Die Akademie entwickelte sich unter seiner Verantwortung zu einer hochaktiven gesamtdeutschen Akademie, die in einzigartiger Weise Kontakte zwischen den Naturwissenschaftlern und Ätzten aus dem Osten und Westen des geteilten Europas und aus aller Welt ermöglichte.

Neben zahlreichen Auszeichnungen, Akademiemitgliedschaften  u. a. sechs Ehrendoktortiteln und dem Orden Pour le Mérite für Wissenschaft und Künste (1968) wurde Mothes 1975 die Würde eines Ehrensenators der Universität Halle verliehen. In den Debatten um die »sozialistische Umgestaltung der Universität« setzte sich Mothes öffentlich wie auch in vertraulichen Gesprächen mehrfach für die Freiheit der Forschung ein. So vertrat er 1958, auf dem Höhepunkt der SED-Kampagne um eine von bürgerlichen und christlichen Einflüssen freie „sozialistische Hochschule“, die exemplarisch in Halle durchgeführt wurde, auf einem „Intelligenz-Forum“ in Halle, gegenüber Walter Ulbricht offensiv die Position der »bürgerlichen« Professorenschaft. Schon vorher hatte sich Mothes auch für Universitäzsangehörige und Studierende eingesetzt, die aus politischen Gründen verfolgt wurden. Gegen Mothes und die Leopoldina wurde vom Ministerium für Staatssicherheit daraufhin der Operative Vorgang »Komet« eingeleitet. Im Zuge dieser von der SED sanktionierten Ermittlungen sollte dem »feindlichen Zentrum Leopoldina« »Staatsverrat«, »staatsgefährdende Propaganda und Hetze« sowie »Schädlingstätigkeit und Sabotage« nachgewiesen werden. „Komet“ wurde im Anschluss an den gegen den Spirituskreis gerichteten OV „Ketzer“ begonnen, der 1958 verboten bzw. zur Selbstauflösung gezwungen worden war. 

Kurt Mothes verstarb am 12. Februar 1983 in Ribnitz-Damgarten.

Organisationen: Deutsche Freischar (Großdeutscher Bund), ab 1925 Gauführer und Mitglied der Bundesführung bis zur Auflösung 1933, VDA, 1933 Referent für das studentische Werkhalbjahr im Arbeitsamtsbezirk Erfurt-Halle, zum 1. Mai 1933 wurde Mothes in die NSDAP aufgenommen (Nr. 1 981 138), im Oktober 1933 trat er in die SA ein. 1935-45 NS Dozentenbund.

Auszeichnungen und Mitgliedschaften: 1953 Nationalpreis II Klasse. 1958 Wahl zum Vorsitzenden der Deutschen Gesellschaft für Arzneipflanzenforschung. 1959 Humboldt Medaille  & Vaterländischer Verdienstorde. 1960 Ehrenmitglied der Indischen Botanischen gesellschaft & Mitglied der Österreichischen Akademie der Wissenschaften & Mitglied der Rajasthan Academy of Sciences, Pilani (India) & Zweites Mal Vaterländischer Verdienstorden in Silber & Cothenius Medaille der Leopoldina & Ehrendoktor der Medizinischen Fakultät Halle sowie der Landwirtschaftlichen Fakultät Kiel. 1963 Hoest-Madson-Medaille. 1964 Ehrenmitglied der Ungarischen Akademie der Wissenschaften. 1965 Korrespondierendes Mitglied der Akademie der Rumänischen Volksrepublik & Korrespondierendes Mitglied der Heidelberger Akademie der Wissenschaften & Ehrenpromotion durch die Rudolfina in Wien.

Quelle(n): Auskunft aus UAH, Rep. 11, PA 24710 (Mothes); BA R 4901/13272; UAHW, Rep. 6, Nr. 1407; Wer war wer; UAHW, Rep. 4, Nr. 1438 (Arbeitsdienst); NDB 18, S. 223f.; Benno Parthier, Kurt Mothes (1900-1983) – Gelehrter, Präsident, Persönlichkeit, Halle 2001; Benno Parthier, Sybille Gerstengarbe, Die Leopoldina von 1954 bis 1974, in: Parthier und von Engelhardt, 350 Jahre Leopoldina: Anspruch und Wirklichkeit, Halle 2002; Stengel, Friedemann: Die Theologischen Fakultäten in der DDR als Problem der Kirchen- und Hochschulpolitik des SED-Staates bis zu ihrer Umwandlung in Sektionen 1970/71. Leipzig 1998; Stengel, Friedemann: Zur Kirchen- und Hochschulpolitik der SED am Beispiel der Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg in den fünfziger Jahren. In: Vorträge und Abhandlungen zur Wissenschaftsgeschichte 1999/2000, hrsg. von Wieland Berg, Sybille Gerstengarbe, Andreas Kleinert und Benno Parthier. Heidelberg 2000 (Acta Historica Leopoldina 36), 25-61;
Gerstengarbe, Sybille und Horst Hennig: Opposition, Widerstand und Verfolgung an der Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg 1945 -1961. Eine Dokumentation. Leipzig 2009, 459ff. passim

Bild: UAHW

Autor: HE, AK

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