Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg

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Paul Tillich

geboren: 20. August 1886 Starzeddel bei Guben
gestorben: 20. Oktober 1965 Chicago
Konfession: evangelisch-lutherisch
Vater: Pfarrer und Konsistorialrat

Paul Tillich

Tillich wuchs in Starzeddel und Schönfließ (Neumark) auf, 1898 kam er auf das Gymnasium in Königsberg in der Neumark. Das Abitur legte er 1904 in Berlin, wo sein Vater eine Pfarrstelle erhalten hatte, ab. Theologie studierte Tillich bereits als Schüler in Berlin, später in Tübingen, Halle und wieder Berlin. 1909 bestand er in Berlin das erste theologische Examen, und wurde Pfarrverweser in Lichtenrade (Berlin). Im Sommer 1910 promovierte er in Breslau zum Dr. phil. mit einer Arbeit zur Religionsphilosophie Schellings. Ein Vikariat für das Lehramt folgte. Im Dezember 1911 bestand er in Halle die Lizentiatenprüfung, die Arbeit war der Bedeutung von Mystik und Schuldbewusstsein in Schellings philosophischer Entwicklung gewidmet. 1912 legte er in Berlin das zweite theologische Examen ab und wurde im August diesen Jahres zum Hilfsprediger der Erlöserkirche in Berlin-Moabit ernannt. Die Begegnung mit Menschen der untersten sozialen Schicht soll ihn, so Bautz¹ Kirchenlexikon, geprägt haben. Im Sommer 1913 suchte er um Entlassung aus dem Kirchendienst nach und begann an seiner Habilitationsschrift zu arbeiten, die er im Mai 1914 an der Universität Halle einreichte. Da die der Theologie Schleiermachers gewidmeten Arbeit (»Der Begriff des Übernatürlichen, sein dialektischer Charakter und das Princip der Identität«) nicht historisch, sondern philosophisch angelegt war, kam es in der Fakultät zu Unstimmigkeiten, ob die Venia docendi erteilt werden sollte. Gutachten von Ferdinand Kattenbusch und Wilhelm Lütgert standen gegen das ablehnende Votum Friedrich Loofs, der zwar die »geistige Kraft« anerkannte, die größer sei als die »vieler die sich habilitierten«, aber Unausgewogenheit des Urteils und ahistorische Bezüge bemängelte. 1916 wurde Tillich trotzdem für das Fach Systematische Theologie habilitiert. Die Antrittsvorlesung hielt er 1916 zum Thema »Monotheismus und Theodicee«. 1914 meldete sich Tillich freiwillig für den Dienst als Feldgeistlicher. Während des Krieges erlebte er die Kämpfe bei Sommepy-Tahure und Verdun mit. Später diente an der Westfront beim Stab der 14. Reservebrigade der 7. Reservedivision. Im Juli 1918 wurde er in die Heimat versetzt, im Dezember 1918 suchte Tillich um die Umhabilitierung an die Universität Berlin nach. 1924 wurde er auf ein planmäßiges Extraordinariat an die Universität Marburg berufen. 1925 erhielt er ein Ordinariat für Religionswissenschaft an der TH Dresden, die Theologische Fakultät Halle ehrte ihn für sein religionsphilosophisches Programm mit dem Ehrendoktortitel ­ 1940 wurde dieser aberkannt, da Tillich die deutsche Staatsbürgerschaft verloren hatte. 1927/28 lehrte Tillich als ordentlicher Honorarprofessor für Religionsphilosophie und Kulturphilosophie an der Theologischen Fakultät der Universität Leipzig. Von der Theologischen Fakultät der Universität Berlin abgelehnt (Briefwechsel mit Erich Seeberg), wechselte er 1929 gegen den Willen der dortigen Philosophischen Fakultät an die Universität Frankfurt. Hier entwickelte sich eine fruchtbare Zusammenarbeit mit seinen Kollegen Max Horkheimer und Theodor Adorno. Da Tillich seine sozialistisch orientierte Theologie als »Angriff« auf die bestehenden Verhältnisse verstand ­ was er in seiner Schrift »Die sozialistische Entscheidung« darlegte ­ suspendierte ihn die preußische Regierung im April 1933 von seinem Amt. Ende Oktober 1933 erhielt er vom Union Theological Seminary in New York das Angebot, als Visiting Professor zu lehren. Offenbar wegen eines ausstehenden Ruhegehaltes suchte im Januar 1934 der Kurator der Universität Frankfurt um einen Beschäftigungsnachweis für Tillich nach. Die Karriere in den USA war langsam: 1933 führte ihn das »Union« als Lecturer, 1937 als Associate Professor, erst 1940 als Professor. 1936/37 wählten ihn deutsche Emigranten zum Vorsitzenden einer Hilfsorganisation (Selfhelp for German Emigrees). Zwischen 1942 und 1944 verfasste er 109 Reden an »seine deutschen Freunde«, die vom Radiosender Stimme Amerikas nach Deutschland gesendet wurden. Im Juni 1944 wurde Tillich Chairman des Council vor a Democratic Germany«. Seit 1948 reiste er regelmäßig nach Deutschland und entfaltete hier eine umfangreiche Vortragstätigkeit. Erst jetzt ­ 1951, 1957, 1963 ­ erschien Tillichs Hauptwerk, die »Systematische Theologie«. 1955 pensioniert, übertrug ihm die Harvard-University eine Professur, später lehrte Tillich in Chicago. 1962 erhielt er den Friedenspreis des Deutschen Buchhandels, außerdem verschiedene Ehrendoktorate. Tillich gilt als einer der bedeutendsten Theologen des 20. Jahrhunderts, da er die Theologie zur Philosophie, zur Kultur und anderen Religionen geöffnet hat.

Organisationen: in Halle Erstchargierter des Wingolf

Quellen: UAHW, Rep. 11, PA 16038 (Tillich); UAHW, Rep. 27, Nr. 876; www.bautz.de

Autor: HE

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