Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg

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Heinrich Freiherr von SteinKein Photo verfügbar

geboren: 12. Februar 1857 Coburg
gestorben: 15. Juni 1887 Berlin
Konfession: evangelisch
Vater: Offizier

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Von Stein besuchte das Domgymnasium Merseburg, danach das Pädagogium in Halle. Nach der Reifeprüfung (1874) bezog er die Universität Heidelberg, um Theologie zu studieren. 1875 wechselte er nach Halle, im Jahr darauf nach Berlin. Hier studierte er Philosophie und Naturwissenschaften, insbesondere Physiologie. Beeinflusst durch Eugen Dühring befasste er sich mit erkenntnistheoretischen und psychologischen Problemen. 1877 promovierte von Stein an der Universität Berlin mit der Dissertation »Über Wahrnehmung«. 1878 veröffentlichte er eine Schrift, in der er versuchte, Dührings mechanistische Abstraktionen auf die ästhetische Wahrnehmung zu übertragen (»Die Ideale des Materialismus«). Bei einer Reise nach Rom lernte von Stein Malvida von Meysenburg kennen, die ihm die Stelle eines Hauslehrers bei dem damals zehnjährigen Sohn Richard Wagners vermittelte. In Bayreuth wurde von Stein, wie die Allgemeine Deutsche Biographie schreibt, »die entscheidende Richtung gegeben«. Neben Wagner traf er hier Franz Liszt und die rassistischen Philosophen Arthur Gobineau und Houston Stewart Chamberlain und begeisterte sich für den, so die ADB, Gedanken »einer ästhetischen Erziehung des Menschengeschlechts«. Von Stein fühlte sich, erneut sei die ADB zitiert, nun »selber zum Lehrer und Propheten dieser künstlerischen Lebensmission berufen«. Daher habilitierte er sich 1881 an der Universität Halle mit der – viermal überarbeiteten – Schrift »Die Bedeutung des dichterischen Elementes in der Philosophie des Giordano Bruno« für das Fach Philosophie. Im Wintersemester 1881/82 bot er, als erster Universitätslehrer in Deutschland, eine Vorlesung über Richard Wagner an, was zum Eklat führte, da von Stein sowohl Wagners Antisemitismus als auch Dührings krude Vorstellungen über ein heroisch-germanisches Christentum zu vermitteln suchte. 1884 habilitierte sich von Stein, nachdem er schon mehrere Semester nicht in Halle gelesen hatte, an die Universität Berlin um. Dazu legte er eine Schrift über den »Zusammenhang von Boileau und Descartes« vor, eine Arbeit zu den Beziehungen von Sprache und philosophischem Erkennen hatte die Fakultät vorher abgelehnt. In Berlin kündigte von Stein erneut Vorlesungen über Richard Wagner an, weshalb ihm die Venia legendi entzogen werden sollte. Mit der Hinwendung zur Ästhetik umging er diese Maßregelung. Von Stein publizierte mehrere Schriften über Wagner (u. a. »Helden und Welt«, 1883; »Wagner-Lexikon«, gemeinsam mit F. Ch. Glasenapp 1883). Sein im engeren Sinne philosophisches Werk war ästhetischen Fragen gewidmet (»Die Entstehung der neueren Ästhetik«, 1886, Neudruck 1995; »Goethe und Schiller: Beiträge zur Ästhetik der deutschen Klassiker«, 1893; »Vorlesungen über Ästhetik«, 1897). Die meisten dieser Manuskripte und Notizen sowie eine Sammlung mit Aufsätzen (»Kultur der Seele«, 1906) gaben Freunde aus dem Nachlass heraus, sie wurden Richtung weisend für die antisemitisch-völkische Rezeption Richard Wagners im wilhelminischen Deutschland. Von Stein starb an einer Herzkrankheit.

Quellen: Ziegenfuss/Jung, Band 2, S. 628; Friedrich Meller, Der Volksgedanke bei Heinrich von Stein, Phil. Diss. Bonn 1940; ADB, Band 54, S. 456–459.

Autor: HE

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