Gustav Aschaffenburg


geboren: 23. Mai 1866 Zweibrücken (Rheinpfalz)
gestorben: 2. September 1944 Baltimore (USA)
Konfession: jüdisch, später evangelisch
Vater: Talmudlehrer und Kaufmann



Aschaffenburg besuchte die Pfarrschule St. Maria, danach das Friedrich-Wilhelms-Gymnasium in Köln. Nach der Reifeprüfung (1885) studierte er Medizin, speziell Psychiatrie und Neurologie an den Universitäten Heidelberg, Würzburg, Freiburg, Berlin und Strassburg. 1890 promovierte er an der Universität Strassburg zum Dr. med. mit der Dissertation »Über die Symptomanatologie des delirium tremens«. In Wien und Paris komplettierte er seine Ausbildung. 1891 trat er eine Stelle als Assistenzarzt an der Universitätsnervenklinik Heidelberg an, ab 1894 war er hier stellvertretender Direktor. 1895 habilitierte er sich an der Universität Heidelberg. 1900 erhielt er den Titel eines außerordentlichen Professors. 1901 trat er die Stelle als leitender Arzt der Beobachtungsabteilung für geisteskranke Verbrecher im Strafgefängnis Halle an und habilitierte sich an die Universität Halle um. Als Privatdozent für Psychiatrie hielt er vornehmlich Vorlesungen für Juristen ab, mit rasant ansteigender Hörerzahl. In Halle entstand sein mehrfach wieder aufgelegtes Handbuch »Das Verbrechen und seine Bekämpfung«. 1904 wurde er als Professor für Psychiatrie an die Akademie für praktische Medizin, die spätere Universität Köln berufen. Zugleich war er Direktor der Lindenberg-Klinik und Co-Direktor des Instituts für Kriminologie. 1912 veröffentlichte er das Buch »Die Sicherung der Gesellschaft gegen gemeingefährliche Geisteskranke«. Außerdem gab er die Bibliothek der Kriminalistik heraus und war Mitherausgeber der Monatsschrift für Kriminalpsychologie und Strafrechtsreform. Mehrfach aufgelegt wurde sein Handbuch der gerichtlichen Psychiatrie. Während des Ersten Weltkrieges arbeitete Aschaffenburg als psychiatrischer Gutachter (»Lokalisierte und allgemeine Ausfallserscheinungen nach Hirnverletzungen«, 1916) und erhielt das Eiserne Kreuz II. Klasse. Der Mitbegründer der modernen forensischen Psychiatrie in Deutschland war Mitglied zahlreicher wissenschaftlicher Vereinigungen und erhielt mehrere Ehrendoktortitel. 1934 wurde Aschaffenburg wegen seiner jüdischen Vorfahren entlassen. Er emigrierte 1939 mit einem Transitvisum in die Schweiz, als Begründung für die Reise diente der Vorwand, seine kranke Ehefrau aus Italien nach Deutschland zu holen. Im September 1939 reiste er in die USA weiter. Hier lehrte Aschaffenburg als Professor für Kriminalpsychologie an der Catholic Universitity of America in Washington D. C., später an der Johns Hopkins University in Baltimore. Zugleich war er beratender Psychiater des Mount Hope Retreat. 1942 wurde er zum Ehrenmitglied der American Psychatric Association ernannt.

Organisationen:

Quellen: UAH PA 3989 Aschaffenburg; R 4901/13258; International Biographical Dictionary of Central European Emigrés 1933–1945, Vol. II/1 p. 35f.