(Johann) Eduard Erdmann


geboren: 13. Juni 1805 Wolmar (Livland)
gestorben: 12. Juni 1892 Halle
Konfession: evangelisch
Vater: Pfarrer



Nach dem Abschluss des Theologiestudiums in Dorpat ging Erdmann nach Berlin und geriet bei seinen Studien, wie die Neue Deutsche Biographie schreibt, »in den Bann Hegels«. 1828 wurde Erdmann als Pfarrer ordiniert und wirkte bis 1832 im russischen Livland. 1830 promovierte er an der Universität Kiel zum Dr. phil. 1834 habilitierte er sich an der Universität Berlin. Bereits 1836 wurde Erdmann als außerordentlicher Professor für Philosophie an die Universität Halle versetzt, 1839 wurde er zum ordentlichen Professor befördert. Erdmann war ein geistreicher Hochschullehrer und fesselnder Redner, der zahlreiche Studenten anzog. Seine Vorlesungen lernte er auswendig, nicht selten wechselte er vom Katheder zur Kanzel, um zu predigen. Der Nachruf der Universitätschronik beschreibt ihn als »philosophierenden Theologe«. Erdmanns psychologisch orientierte Schriften waren außerordentlich populär, auch seine Vorlesungen, Vorträge und Predigten wurden in hohen Auflagen gedruckt (»Psychologische Briefe«, 1851; »Ernste Spiele«, 1855; »Sehr verschiedenes, je nach Ort und Zeit«, 1871; »Sammlung aller 1851 bis 1867 gehaltener Predigten«, 1867). Obwohl er sich auch mit erkenntnistheoretischen und systematischen Fragen befasste (»Vorlesungen über Glauben und Wissen«, 1837; »Leib und Seele«, 1837, »Natur oder Schöpfung« 1840, »Grundriss der Psychologie« 1840), war Erdmann im eigentlichen Sinne Historiker. Er löste sich von der Hegelschen Geschichtskonstruktion und sah, dass Philosophie fortan nur noch als Geschichte philosophischer Systembildungen betrieben werden könnte. Diese Überzeugung legte er in einem lehrbuchartigen Grundriss und einem umfangreichen Werk zur Geistesgeschichte dar (»Grundriss der Geschichte der Philosophie«, 1865, 5. Auflage 1930; »Versuch einer wissenschaftlichen Darstellung der Geschichte der neueren Philosophie« 3 Bände, 1834–1853, Neudruck in sieben Bänden 1931 ff.). Politisch stand Erdmann fest konservativen Lager, er galt zu recht als »preußischer Staatsphilosoph« (»Philosophische Vorlesungen über den Staat«, 1851). Gemeinsam mit dem Historiker Heinrich Leo sorgte Erdmann für die entsprechende politische Ausrichtung der Philosophischen Fakultät, unter anderem durch die Vertreibung des Liberalen Arnold Ruge. »Er konnte hassen, wie er liebte«, schreibt die Universitätschronik: »Hart bis zur Rücksichtslosigkeit vermochte er zu werden, wo es galt, das zu verteidigen und durchzuführen, was er für notwendig und ersprießlich hielt.« Erst unter dem Einfluss der Bismarckschen »Realpolitik« öffnete er sich, offenbar auch geschmeidig und anpassungsfähig, liberaleren Gedanken.

Quellen: UAH PA 5845 E. Erdmann; NDB Band 4, S. 569 f.; Schrader II, S. 207 ff.; Chronik 1892/93, S. 6 ff.