Christoph Schlingensief

Weitere Namen
Thekla von Mülheim (Weiterer Name) Christoph Maria Schlingensief (Weiterer Name)
Darsteller, Regie, Regie-Assistenz, Drehbuch, Kamera, Schnitt, Ton, Sonstiges, Musik, Produzent, Aufnahmeleitung
Oberhausen Berlin

Biografie

Christoph Schlingensief wurde am 24. Oktober 1960 in Oberhausen als Sohn eines Apothekers und einer Kinderkrankenschwester geboren und wuchs, wie er selbst gerne betont, in kleinbürgerlich-katholischem Milieu auf. Der langjährige Ministrant zeichnet sich, allen wiederholt gegen ihn erhobenen Zynismus-Vorwürfen zum Trotz, durch große moralische Ernsthaftigkeit aus – und fand zugleich nach eigenem Bekunden immer schon Spaß daran, wenn die ihn umgebenden Ordnungssysteme durch alltägliche Katastrophen außer Kontrolle gerieten.

Die Geburtsstadt gab seiner filmischen Biographie einen nicht unwesentlichen Impuls: Als Junge besuchte er die politisch und ästhetisch umkämpften Oberhausener Kurzfilmtage, zum ersten Mal im Jahr 1968 – und drehte prompt seinen ersten eigenen Kurzfilm auf Normal-8. Ein Jahr später begann er mit Super-8 zu arbeiten und gründete 1972 das "Jugendfilmteam Oberhausen", das er zeitweise auch "Club der Sieben" oder "Amateur-Film-Company 2000" nannte (die in seinen späteren Projekttiteln beliebte Zahl 2000 tauchte also schon frühzeitig auf). Er produzierte mehrere Schmalfilme mit Spielhandlung, aber auch dokumentarische Versuche für den Schulunterricht. Einer seiner Filme wurde aus dem Fonds der Kurzfilmtage gefördert ("Das Geheimnis des Grafen Kaunitz"), zwei andere sogar vom WDR ausgestrahlt ("Das Totenhaus der Lady Florence" und "Mensch, Mami, wir dreh"n "nen Film").

Nach dem Abitur bewarb er sich an der Münchner Hochschule für Fernsehen und Film, scheiterte jedoch zwei Mal. Stattdessen studierte er ab 1981 an der Münchner Universität vorübergehend Germanistik, Philosophie und Kunstgeschichte, arbeitete als Kameraassistent bei Franz Seitz und drehte nebenher eigene Kurzfilme. Auch als Autor und Musiker erprobte er sich, beim Magazin "Mode und Verzweiflung" und bei der Band "Vier Kaiserlein". Zurück in Oberhausen lernte er 1982 den Regisseur Werner Nekes kennen und begann an dessen Filmen mitzuarbeiten - gemeinsam mit einem weiteren Bekannten aus der Nachbarstadt Mülheim: Helge Schneider. Mit Nekes lehrte Schlingensief 1983-1985 an der Hochschule für Gestaltung in Offenbach, ab 1986 an der Kunstakademie Düsseldorf.

Schlingensiefs erster eigener Langfilm "Tunguska – Die Kisten sind da" entstand 1983 als Abschluss der "Trilogie zur Filmkritik – Film als Neurose". 1985/1986 folgten "Menu Total" und "Egomania – Insel ohne Hoffnung", an dem mit Udo Kier und Tilda Swinton zwei Schauspielikonen des Undergroundkinos mitwirkten. Zwischenzeitlich hielt Schlingensief sich als Aufnahmeleiter der TV-Serie "Lindenstrasse" über Wasser (1986/1987). Elemente von Soap-Dramaturgie finden sich in seinem nächsten, narrativer angelegten Film "Mutters Maske" (1987/1988), der im Ruhr-Industriellenadel spielt.

Anschließend drehte er zum ersten Mal nach einer fremden Vorlage: "Schafe in Wales" entstand im Auftrag der ZDF-Redaktion "Das kleine Fernsehspiel", mit der es jedoch zu Querelen kam – Schlingensief brach den Schnitt ab und zog vor der Ausstrahlung seinen Namen zurück. Mit der "Deutschlandtrilogie", bestehend aus "100 Jahre Adolf Hitler" (1988/1989), "Das deutsche Kettensägenmassaker" (1990) und "Terror 2000" (1992), folgten seine drei bekanntesten und kontroversesten Filme. Zum Stammpersonal gehörten neben Kier vor allem Alfred Edel, Peter Kern und Dietrich Kuhlbrodt.

Mit "100 Jahre CDU – Spiel ohne Grenzen" debütierte Schlingensief 1993 an der Berliner Volksbühne, die ihn nach weiteren Produktionen ("Kühnen "94 – Bring mir den Kopf von Adolf Hitler" und "Rocky Dutschke "68") 1996 als Hausregisseur verpflichtete. Er verlagerte den Schwerpunkt seiner Arbeit nun auf das Theater bzw. auf Live-Aktionen, die immer häufiger auch außerhalb von Bühnenräumen stattfanden – wie 1997 "Passion Impossible – 7 Tage Notruf für Deutschland", ein Projekt für Drogenabhängige und Obdachlose am Hamburger Hauptbahnhof. Zwei Filme entstanden noch in den Folgejahren: "Die Spalte" (1994/1995, auch unter dem Titel "United Trash" geläufig) und "Die 120 Tage von Bottrop – Der letzte Neue Deutsche Film" (1996/1997), in dem die letzten Überlebenden der Fassbinder-Clique in Berlin ein Pasolini-Remake drehen wollen, dabei jedoch von einem Ersatzregisseur namens "Sönke Buckmann" sabotiert werden.

In seinen Projekten arbeitete Schlingensief immer wieder direkt mit Außenseitern und Ausgegrenzten zusammen, setzte sich unermüdlich mit dem Faschismus auseinander und reagierte oft unmittelbar auf aktuelle politische Ereignisse. Auf der Documenta X in Kassel 1997 wurde er während der Aktion "Mein Fett, mein Filz, mein Hase – 48 Stunden Überleben für Deutschland" verhaftet, da er ein Schild mit der Aufschrift "Tötet Helmut Kohl" verwendete. Im Wahljahr 1998 gründete er eine Partei, die "Chance 2000", die sich offiziell am Bundestagswahlkampf beteiligte. Alle Arbeitslosen rief er dazu auf, zusammen an den Wolfgangsee zu reisen und durch gemeinsames Planschen Kohls Urlaubsidyll unter Wasser zu setzen.

Ab 1998 trat Schlingensief auch mit eigenen Formaten im Fernsehen auf, zunächst mit "Talk 2000", später mit "U 3000" für MTV und "Freakstars 3000" für VIVA, einer auf "Deutschland sucht den Superstar" anspielenden Casting-Show mit Behinderten. Auch seine Theater- und aktionskünstlerische Arbeit setzte er fort: 2000 in Wien mit der "Big Brother"-Persiflage "Bitte liebt Österreich", wobei der nach Publikumswillen letzte im Wohncontainer verbliebene Asylbewerber vermeintlich eine Aufenthaltsgenehmigung gewinnen konnte, 2001 in Zürich mit einer Inszenierung von "Hamlet", an der ausstiegswillige Neo-Nazis mitwirkten (das Projekt ist in "Hamlet – This Is Your family" von Peter Kern filmisch dokumentiert). Seine Regiekarriere fand, was die Aufnahme in die offizielle Hochkultur betrifft, einen erstaunlichen Höhepunkt: 2004/2005 wurde der bekennende Wagner-Fan eingeladen, in Bayreuth den "Parsifal" zu inszenieren.

In den kommenden Jahren folgten vor allem Kunst-Aktionen (unter anderem beim Reykjakvik Arts Festival 2005), Opernprojekte (unter anderem an der Deutschen Oper Berlin 2008) sowie Theaterinszenierungen, etwa am Wiener Burgtheater (2006), der Berliner Volksbühne (2006) und dem Gorki Studio Berlin (2008).

Anfang 2008 wurde bei Christoph Schlingensief Lungenkrebs diagnostiziert.

Im Januar 2009 startete "Christoph Schlingensief – Die Piloten" in den Kinos, der die Aufzeichnungen zu einer fiktiven Talkshow Schlingensiefs aus dem Jahr 2007 dokumentiert. Im selben Jahr wurde der Regisseur Jurymitglied der Internationalen Filmfestspiele Berlin.

Am 21. August 2010 erlag Christoph Schlingensief im Alter von 49 Jahren seinem Krebsleiden.

 

FILMOGRAFIE

2023
  • Darsteller
2011/2012
  • Regie
  • Drehbuch
  • Kamera
  • Schnitt
2008/2009
  • Mitwirkung
2007/2008
  • Mitwirkung
  • Co-Regie
2005-2008
  • Mitwirkung
  • Regie
  • Drehbuch
  • Idee
2004
  • Mitwirkung
2004
  • Darsteller
2003
  • Darsteller
2002/2003
  • Mitwirkung
  • Drehbuch
  • Idee
1999
  • Mitwirkung
1996/1997
  • Darsteller
  • Sprecher
  • Regie
  • Drehbuch
  • Kamera
1997
  • Darsteller
1997
  • Mitwirkung
1994/1995
  • Mitwirkung
1994/1995
  • Regie
  • Drehbuch
  • Kamera
  • Produzent
1994/1995
  • Darsteller
1994
  • Darsteller
1993/1994
  • Darsteller
1992
  • Darsteller
  • Regie
  • Drehbuch
  • Produzent
1992
  • Mitwirkung
  • Regie
  • Drehbuch
1992
  • Regie
1991
  • Darsteller
1990
  • Regie
  • Drehbuch
  • Kamera
  • Schnitt-Assistenz
  • Produzent
1988/1989
  • Regie
  • Drehbuch
  • Vorlage
  • Licht
  • Schnitt
  • Produzent
1987/1988
  • Regie-Assistenz
1987/1988
  • Regie
  • Drehbuch
  • Kamera
  • Schnitt
  • Produzent
1987
  • Regie-Assistenz
1986
  • Regie
  • Drehbuch
  • Kamera
  • Schnitt
  • Produzent
1986
  • Regie
  • Drehbuch
  • Schnitt
  • Musik
  • Produzent
1985/1986
  • Regie
  • Drehbuch
  • Kamera
  • Produzent
1985/1986
  • Darsteller
1986
  • Darsteller
  • Kamera-Assistenz
  • Aufnahmeleitung
1985
  • Darsteller
  • Regie
1985
  • Darsteller
  • Regie
1984
  • Regie
  • Drehbuch
  • Schnitt
  • Produzent
1984
  • Darsteller
1983/1984
  • Regie
  • Drehbuch
  • Kamera-Assistenz
  • Musik-Ausführung
  • Produzent
1983
  • Darsteller
  • Regie
  • Drehbuch
  • Produzent
1981/1982
  • Kamera-Assistenz
1982
  • Regie
  • Drehbuch
  • Produzent
1982
  • Regie
  • Drehbuch
  • Schnitt
  • Musik
1982
  • Darsteller
  • Regie
  • Produzent
1982
  • Ton
1981
  • Darsteller
  • Regie-Assistenz
  • Script
1981
  • Kamera-Assistenz
1978-1980
  • Regie
  • Drehbuch
  • Schnitt
  • Produzent
1977
  • Regie
  • Kamera
  • Schnitt
  • Produzent
1976/1977
  • Regie
  • Kamera
  • Schnitt
  • Produzent
1975
  • Darsteller
  • Regie
  • Produzent
1974/1975
  • Darsteller
  • Regie
  • Kamera
  • Schnitt
  • Produzent
1973
  • Darsteller
  • Regie
  • Kamera
  • Schnitt
  • Produzent
1972
  • Darsteller
  • Regie
  • Kamera
  • Schnitt
  • Produzent
1970
  • Darsteller
  • Regie
  • Schnitt
  • Produzent
1969
  • Regie
  • Schnitt
  • Produzent
1968
  • Darsteller
  • Regie
  • Kamera
  • Produzent
1968
  • Regie
  • Kamera
  • Produzent