Universität Wien - Startseite

Norbert Jokl

Geb. am: 25. Februar 1877
Fakultät: Philosophische Fakultät
Kategorie: Vertriebene WissenschafterInnen
Norbert JOKL, geb. am 25. Februar 1877 in Bisenz/Mähren [Bzenec/Tschechische Republik], gest. am 6. Mai 1942 in Minsk/UdSSR, war Privatdozent (ao. Prof.) für Indogermanische Sprachwissenschaft mit besonderer Berücksichtigung des Albanischen, Baltischen und Slawischen an der Philosophischen Fakultät der Universität Wien. Jokl, Sohn eines Kaufmanns, begann nach Abschluss des Gymnasiums ein Studium der Rechtswissenschaften an der Universität und promovierte 1901 zum Dr.jur. 1903 begann er an der Universitätsbibliothek zu arbeiten, studierte daneben Sprachwissenschaften und promovierte 1908 zum Dr.phil.. Danach wandte er sich vor allem der bisher wenig erforschten albanischen Sprache zu.
1913 habilitierte sich Jokl und wurde Privatdozent für die "Indogermanische Sprachwissenschaft mit besonderer Berücksichtigung des Albanesischen, Baltischen und Slavischen". 1923 wurde ihm der Titel eines außerordentlichen Universitätsprofessors verliehen. An der Universitätsbibliothek Wien betreute Jokl die Bereiche für indogermanische und finnisch-ugrische Sprachwissenschaft. Aufgrund seines langjährigen Dienstes in der Universitätsbibliothek wurde er 1928 zum Oberstaatsbibliothekar und 1937 zum Hofrat ernannt. Er wurde im Nationalsozialismus aus rassistischen Gründen verfolgt und 1938 seines Amtes enthoben und von der Universität Wien vertrieben.
Norbert Jokls Antrag auf "gnadenweise Gleichstellung mit Mischlingen ersten Grades" wurde 1940 abgelehnt. Seine Versuche, aus Österreich zu emigrieren, scheiterten, so auch die Initiative des albanischen Nationaldichters Gjergj Fishta und des italienischen Albanologen Carlo Tagliavini, der Jokl und dessen Bibliothek nach Albanien bringen wollte, da ihm 1941 die Ausreise verweigert wurde. Anfang März 1942 wurde Jokl in Wien von der Gestapo verhaftet und in ein Sammellager gebracht. Zwei Monate später wurde er nach Maly Trostinec verschleppt. Obwohl Jokl seine albanologische Bibliothek und seinen Nachlass dem Staat Albanien vererbt hatte, sorgten Viktor Christian, Dekan der philosophischen Fakultät der Universität Wien, und Paul Heigl, Direktor der Nationalbibliothek, für deren Verbleib im Deutschen Reich und für die Beschlagnahmung und "Arisierung" der wertvollen Bestände, die 1942 der Nationalbibliothek "leihweise" übergeben und 1946 in deren Besitz übernommen wurden. Am 29. April 1982 beschloss der Senat der Universität Wien, Jokls Namen auf der Ehrentafel in der Aula der Universität Wien anzubringen.
 

Lit.: Ausstellung "Bedrohte Intelligenz – Von der Polarisierung und Einschüchterung zur Vertreibung und Vernichtung im NS-Regime", Wien 2015EMÖDI/TEICHL 1937; KILLY Bd. 5 1997; LEITNER 2010; RAMAJ 2007; SIMON 2008; YVON 2003.

Katharina Kniefacz

Für Fragen oder Kommentare zu dieser Person benützen Sie bitte unser: » Feedback-Formular.