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Heinrich Klang

Geb. am: 15. April 1875
Fakultät: Juridische Fakultät
Kategorie: Vertriebene WissenschafterInnen

Heinrich KLANG, geb. am 15. April 1875 in Wien als Sohn von Generaldirektor James Klang (1847–1914) und Karoline Klang, geb. Rooz (1853–1917), war 1938 Privatdozent (tit. ao. Prof.) für Österreichisches allgemeines Privatrecht an der Juridischen Fakultät der Universität Wien.

Er wurde im Nationalsozialismus aus rassistischen Gründen verfolgt – am 22. April 1938 wurde seine Lehrbefugnis (venia legendi) widerrufen und er wurde seines Amtes enthoben und von der Universität Wien vertrieben.

Heinrich Klang hatte 1892-1897 an der Universität Wien Rechtswissenschaften studiert und promovierte am 24. Juli 1897 zum Dr.jur., legte nach dem Militärdienst 1901 die Richteramtsprüfung ab und arbeitete als Richter an verschiedenen Gerichten in Wien und Umgebung. Er nahm 1914-1918 am Ersten Weltkrieg teil – ab 1916 als Militärrichter in Wien – und arbeitete anschließend als Richter am Landesgericht für Strafsachen in Wien bzw. ab 1926 am Oberlandesgericht Wien (ab 1928 Vorsitzender Berufungssenat, ab 1930 Senatspräsident).

1923 habilitierte er sich an der Universität Wien für Bürgerliches Recht ("Unerschwinglichkeit der Leistung") und erhielt 1925 den Titel (aber nicht die Stellung) eines außerordentlichen Professors und war Redakteur und Herausgeber der Juristischen Blätter (1928-1938,1947-1954).
Berühmt war er für seinen Kommentar zum ABGB|Allgemeinen Bürgerlichen Gesetzbuch den er ab 1926 bearbeitete und der zwischen 1931 und 1935 in erster Auflage erschien.

Nach der Machtergreifung des Nationalsozialismus wurde er an der Universität und am Gericht entlassen bzw. in den vorzeitigen Ruhestand versetzt und durfte nicht mehr arbeiten – und war zur Sicherung eines bescheidenen Auskommens auf den Verkauf seiner fast 10.000 Bände umfassenden Privat-Bibliothek über Antiquariate in Wien, Leipzig, Berlin und Frankfurt am Main gezwungen.
Er musste aus Wien fliehen, konnte aber trotz mehrerer Versuche nicht mehr rechtzeitig aus Österreich emigrieren. Er wurde verhaftet und ins Ghetto Theresienstadt [Terezín/Tschechische Republik] deportiert, wo er am 25. September 1942 ankam. Dort war Klang als Häftling Richter am Ghettogericht, dessen Vorsitz er Herbst 1944 übernahm und gehörte auch dem Ältestenrat der jüdischen Selbstverwaltung in Theresienstadt an. Er war einer der wenigen überlebenden Häftlinge, die in dem NS-Propagandafilm über Theresienstadt zu sehen waren, und wurde am 8. Mai 1945 von der Roten Armee befreit und kehrte am 8. Juli 1945 wieder Wien zurück. Seine Brüder Fritz Klang (1885–1941) und der Schriftsteller Marcell Klang (1876–1942) überlebten den Nationalsozialismus nicht.

Noch im Juli 1945 wurde er von der Alliierten Militärregierung wieder als Richter am Obersten Gerichtshof installiert und stand dort ab Ende November 1945 wieder als Präsident dem ordentlichen Zivilsenat vor und ab 1947 zusätzlich auch einem arbeitsrechtlichen Senat. Er erhielt seine venia legendi wieder zurück und lehrte ab August 1945 als Honorarprofessor für Österreichisches Privatrecht nach 1945 auch wieder an der Universität Wien. Weitere wichtige Funktionen erfüllte er auch in der Israelitischen Kultusgemeinde Wien und auch als Vorsitzender der „Obersten Rückstellungskommission“, wo er sich mit Wiedergutmachungsfragen befasste und maßgeblich an der Schaffung der juristischen Restitutionsgrundlagen beteiligt war.
Ende 1949 wurde Klang pensioniert, 1951 wurde er mit dem Preis der Stadt Wien für Geisteswissenschaften ausgezeichnet.

Prof. Heinrich Klang starb am 22. Jänner 1954 in Wien.

2021/22 konnten im Zuge der NS-Provenienzforschung an der Universitätsbibliothek Wien 42 Bücher aus der ehemaligen Bibliothek von Heinrich Klang (mit dem ExLibris seines Vaters James Klang) im Bestand von drei österreichischen Universitätsbibliotheke und fünf deutschen Bibliotheken identifiziert werden und wurden am 13. Dezember 2022 an seine Erb*innen restituiert. Diese planten, sie 2023 der Bibliothek des OGH zu stiften.


Lit.: Archiv der Universität Wien/Nationale IUR, Promotionsprotokoll IUR 1889-1897, Nr. 1525, Kriegstagebücher 151.271, Personalakt J PA 334, S 304.609, J Cur 329/I (=GZ 1177 ex 1954), Rektorat GZ 677 ex 1937/38; Heinrich KLANG, in: Nikolaus Grass, Hg., Österreichische Rechts- und Staatswissenschaften der Gegenwart in Selbstdarstellungen, Innsbruck 1952, 117–135; STADLER I 2004 [1987], 226, 296; MÜHLBERGER 1993, 14; BLUMESBERGER 2002, 680; Franz-Stefan MEISSEL, Thomas OLECHOWSKI u. Christoph GNANT: Untersuchungen zur Praxis der Verfahren vor den Rückstellungskommissionen. Die Verfahren vor den österreichischen Rückstellungskommissionen, Wien 2004; Günter GÖßLER u. Martin NIKLAS, Heinrich Klang: Praxis und Theorie – Verfolgung und Rückkehr, in: Franz Stefan Meissel, Thomas Olechowski Ilse Reiter-Zatloukal u. Stefan Schima, Hg., Vertriebenes Recht – vertreibendes Recht. Die Wiener Rechts- und Staatswissenschaftliche Fakultät 1938–1945, Wien 2010, 281–300; OLECHOWSKI/EHS/STAUDIGL-CIECHOWIC 2014, 359–361; Wikipedia; Theresienstadt-Lexikon; UB-Provenienzforschung-Restitution 2022; freundliche Hinweise von Oswald Glaser, Wien 2015 und von Prof. Markus Stumpf, Wien 12/2022.


Herbert Posch


Heinrich Klang, Entzug der venia legendi, 22. April 1938, S. 1 © Archiv der Universität Wien

Heinrich Klang, Entzug der venia legendi, 22. April 1938, S. 2 © Archiv der Universität Wien

Heinrich Klang, Entzug der venia legendi, 22. April 1938, S. 3 © Archiv der Universität Wien

ExLibris, Bibliothek von Heinich Klang bzw. ursprünglich wseiner Vaters James Klang
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