Gerhard Ortinau

Gerhard Ortinau, Schriftsteller
Der Schriftsteller Gerhard Ortinau im Interview in Berlin, 1. August 2013
© Iglhaut + von Grote, Berlin, mit freundlicher Genehmigung von Gerhard Ortinau

Gerhard Ortinau

Und das ist nun diese besondere Exilsituation, das Banat, dieses kulturell-ethnische Gebilde ist ja verschwunden, das gibt es nicht mehr. Also jemand geht ins Exil und hinter ihm stürzt alles ein oder verschwindet im Nichts.

Gerhard Ortinau am 1. August 2013 im Interview mit Gerd Weiberg

Geborenam 18. März 1953 in Borcea, Baragan, Rumänien
ExilBundesrepublik Deutschland
BerufSchriftsteller

Gerhard Ortinau gehörte zur rumänisch-deutschen Minderheit und wuchs im Banat auf. Geboren wurde er in der Baragan-Steppe im süd-östlichen Rumänien, wohin seine Eltern 1951 deportiert worden waren.

Ortinau schrieb schon als Schüler Lyrik und kurze Prosatexte, die einen neuen kritischen Blick auf Staat und Gesellschaft warfen. Die Auseinandersetzung mit der Elterngeneration war essentiell: „Geschossen habt ihr, sagt Frank. Geschossen geschossen geschossen. Es stört mich nicht, wenn du mir eins runter schlägst, Vater. Ihr wart immer auf der falschen Seite gestanden, ihr solltet uns keine Befehle mehr geben. Ihr nicht!“, heißt es in einem frühen Text.

Das Studium der Germanistik und Rumänistik an der Universität in Timisora (deutsch: Temeswar, heute Universität des Westens) konnte er wegen einer Relegation 1976 nicht beenden. Er wurde Mitglied der Aktionsgruppe Banat, einem Zusammenschluss deutschsprachiger junger Schriftsteller. Über diese Gruppe schrieb ihr damaliges Mitglied Ernest Wichner fast 20 Jahre später: „Junge Leute, Gymnasiasten und Abiturienten begannen Anfang der 1970er Jahre [...], ihre intellektuelle Entwicklung im literarischen Formen zu protokollieren. Gedichte und kleine Prosatexte entstanden [...]“. Zu der Aktionsgruppe Banat, deren Mitglieder überwiegend in die Bundesrepublik Deutschland ausgewandert waren, gehörten unter anderem auch Richard Wagner, Rolf Bossert, Ernest Wichner, William Totok und Johann Lippet. Nach einer kurzzeitigen Verhaftung im Oktober 1975, stellte Ortinau ein Jahr später einen Ausreiseantrag. Die Reaktion war eine jahrelange Überwachung durch die Geheimpolizei Securitate. Erst 1980 konnte er ausreisen. In Deutschland verstummte er für eine lange Zeit. Sein erstes Buch erschien erst 1996.

Auswahl wichtiger Werke:
Verteidigung des Kugelblitzes (Erzählungen, 1976)
Ein Pronomen ist verhaftet worden. Texte der Aktionsgruppe Banat (Erzählungen, Aufsätze, 1992)
Ein leichter Tod (Erzählungen, 1996)
Wehner auf Öland (Theatermonolog, 2002)

Weiterführende Literatur:
Sterbling, Anton: Am Anfang war das Gespräch. Reflexionen und Beiträge zur "Aktionsgruppe Banat" und andere literatur- und kunstbezogene Arbeiten. Hamburg: Krämer 2008
Schuster, Diana: Die Banater Autorengruppe. Selbstdarstellung und Rezeption in Rumänien und Deutschland. Konstanz: Hartung-Gorre 2004

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