Emine Sevgi Özdamar

Emine Sevgi Özdamar, Schriftstellerin, Schauspielerin, Theaterregisseurin
Emine Sevgi Özdamar, fotografiert von Anita Schiffer-Fuchs
© Anita Schiffer-Fuchs

Emine Sevgi Özdamar

In meiner türkischen Sprache war ich damals sehr unglücklich. Meine Wörter waren krank. 1971 gab es einen Militärputsch. Menschen wurden wegen Wörtern gefoltert, getötet, ins Gefängnis gesteckt. Nur ein Traum konnte mir in dieser schwierigen Zeit helfen. Mir haben damals in Istanbul Brechts Wörter geholfen und eine Utopie versprochen: Großes bleibt nicht groß, Kleines bleibt nicht klein. Brecht hatte vor uns eine körperliche Erfahrung mit dem Faschismus gemacht.

Emine Sevgi Özdamar, Interview im Tagesspiegel, 2011

Geboren10. August 1946 in Malatya, Türkei
ExilBundesrepublik Deutschland
BerufSchriftstellerin, Schauspielerin, Theaterregisseurin

Aufgewachsen an verschiedenen Orten in der Türkei besuchte Emine Sevgi Özdamar von 1967 bis 1970 die Schauspielschule in Istanbul. Trotz ihrer Mitgliedschaft in der türkischen Arbeiterpartei konnte sie nach dem Militärputsch 1971 noch bis 1976 als Theaterschauspielerin in der Türkei arbeiten. Sie spielte unter anderem in Inszenierungen von Stücken von Peter Weiss und Bertolt Brecht. Auch aufgrund der gewaltsamen staatlichen Repression in der Türkei entschied sie sich, nach Berlin zu gehen, wo sie bereits von 1965 bis 1967 einige Zeit verbracht hatte. Dort arbeitete sie als Assistentin von renommierten Theaterregisseuren, darunter Matthias Langhoff, Einar Schleef und Claus Peymann.

Neben der Arbeit als Regisseurin und Schauspielerin begann Özdamar selbst Regie zu führen und Theaterstücke zu schreiben, später auch Erzählungen und Romane. Ihr erster Roman, Das Leben ist eine Karawanserei (1991), schildert eine Kindheit in der Türkei der 1950er. Die Brücke vom Goldenen Horn (1998) erzählt von einem siebzehnjährigen Mädchen in der Zeit um 1968 zwischen Istanbul, Berlin und Paris. Seltsame Sterne starren zur Erde (2003) begleitet schließlich eine junge Theatermacherin, die von der Türkei ins geteilte Berlin migriert. Gemeinsam bilden die drei Romane die Istanbul-Berlin-Trilogie, die 2006 gesammelt unter dem Titel Sonne auf halbem Weg veröffentlich wurde. Durch die Übertragung türkischer Redewendungen und Bilder ins Deutsche hat Özdamar eine eigene Sprache gefunden, die den Sprachwechsel zu einem zentralen poetischen Verfahren macht.

Ausgewählte Werke:
Seltsame Sterne starren zur Erde. Wedding – Pankow 1976/77 (Roman, 2003)
Die Brücke vom Goldenen Horn (Roman, 1998)
Das Leben ist eine Karawanserei, hat zwei Türen, aus einer kam ich rein, aus der anderen ging ich raus (Roman, 1992)
Mutterzunge (Erzählungen, 1990)

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