Lexikon verfolgter Musiker und Musikerinnen der NS-Zeit
an der Universität Hamburg herausgegeben
seit 2005 von Claudia Maurer Zenck und Peter Petersen
unter Mitarbeit von Sophie Fetthauer
seit Juli 2014 von Claudia Maurer Zenck, Peter Petersen und Sophie Fetthauer
unter Mitarbeit von Nicole Ristow
https://www.lexm.uni-hamburg.de/

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Kurt Schwabach

geb. am 26. Febr. 1898 in Berlin, Deutschland, gest. am 26. Okt. 1966 in Hamburg, Deutschland (Suizid), Schriftsteller, Librettist, Texter.

Biographie

Kurt Schwabach wurde am 26. Febr. 1898 als Sohn Arthur Schwabachs und der Klavierlehrerin Margarethe Schwabach, geb. Jacobson in Berlin geboren. Im Jahr 1903 kam seine Schwester Ruth zur Welt. Schwabach absolvierte am Werner-Siemens-Gymnasium in Berlin-Schöneberg das Notabitur (Prima-Reife) und war dann von 1915 bis zum Ende des Ersten Weltkriegs Pilot bei der Luftwaffe. Ab 1919 begann Schwabach, als Textdichter von Chansons und Operetten zu arbeiten. Etwa in dieser Zeit heiratete er Lisa von Huiden. Schwabachs Vater starb 1919 im Alter von 57 Jahren.

Bis 1933, als Schwabach aufgrund seiner jüdischen Herkunft Probleme mit der Berufsausübung bekam, schrieb er Liedtexte und Libretti zu zahlreichen Stücken von Willy Rosen, Walter Kollo, Walter Bromme und anderen, außerdem Skripte zu Filmen und Drehbüchern. Die Operette „Glückliche Reise“ von Eduard Künnecke, die im November 1932 Premiere hatte, wurde trotz der jüdischen Herkunft des Librettisten auch während der Nazizeit oft und erfolgreich gespielt.

1933 erhielt Schwabach Berufsverbot aus „rassischen“ Gründen. Er versuchte daraufhin, in der Londoner Filmindustrie Anschluss zu finden. Nach der Fertigstellung seines zweiten Drehbuches wurde ihm jedoch die Arbeitserlaubnis in England verwehrt, so dass er 1935 wieder nach Deutschland zurückkehrte. 1937 musste Schwabach dann, um sich einer Verhaftung durch die Gestapo zu entziehen, Deutschland verlassen. Sein Weg führte ihn von der Schweiz über Wien zunächst nach Prag, wo er sich ein Jahr lang durchschlug. Nach der Besetzung Prags durch die Deutschen 1939 floh er über die polnische Grenze, wurde dabei verhaftet und nach Ungarn abgeschoben. Zu Fuß gelangte er nach Budapest und konnte sich schließlich von dort aus illegal per Schiff nach Palästina absetzen. Dort angekommen, musste er 14 Monate in einem britischen Auffanglager fristen, bevor er Hilfstätigkeiten als Tankwart, Kellner und Barmixer in Tel Aviv aufnehmen konnte. Nur nebenbei konnte er in dieser Zeit Programme für das deutschsprachige Kabarett Adi Körners in Haifa schreiben. Im Frühjahr 1940 verlor Schwabach aufgrund eines Ausbürgerungserlasses seine deutsche Staatsangehörigkeit (PAAA SchwabachK, HeppM 1985-1988, Bd. 1, S. 316), wobei ihm laut eigener Aussage in seinem Entschädigungsverfahren der Pass bereits 1937 abgenommen wurde. Sowohl seiner Mutter als auch seiner Schwester gelang es nicht, aus Deutschland zu fliehen. Sie wurden Anfang der 1940er Jahre in das Ghetto Theresienstadt beziehungsweise in das Ghetto Lodz/Litzmannstadt deportiert und überlebten die Inhaftierung nicht.

1949 kehrte Schwabach nach Deutschland zurück und ließ sich in Hamburg nieder. Er arbeitete zunächst für die Musik- und Filmmusikproduktion des Sikorski-Verlags. Später wurde er Beiratsmitglied der GEMA sowie Präsidialbeirat des Verbandes Deutscher Bühnenschriftsteller und -komponisten. 1951 strengte er ein Entschädigungsverfahren in Berlin an (EBB SchwabachK). Bis in die 1960er Jahre hinein war er als Textdichter und Librettist aktiv; so arbeitete er zum Beispiel mit dem Komponisten Lotar Olias an dessen Werken „Prairie Saloon“ (1961) und „Heimweh nach St. Pauli“ (1962) mit. Am 13. Apr. 1960 heiratete er in Ascona (Schweiz) seine zweite Frau, Lea Fainleeb. 1963 erhielt er anlässlich seines 65. Geburtstages die Richard-Strauss-Medaille.

Nie hatte Kurt Schwabach die ihm während seiner Verfolgung zugefügten psychischen Schäden verarbeiten können; seit 1961 wurden ihm von ärztlicher Seite „chronisch-subdepressive Zustände“ attestiert, wie es aus der Entschädigungsakte hervorgeht (EBB SchwabachK). Er nahm sich am 26. Okt. 1966 in Hamburg das Leben. Als Todesursache wird eine Kohlenoxydvergiftung angegeben.

Von Schwabach wurden insgesamt über 1.000 Texte zu Liedern gedruckt, die teilweise bis heute aufgeführt werden.

Hauptquellen: EBB SchwabachK, StAHH SchwabachK

Empfohlene Zitierweise
Axel Schmidt: Kurt Schwabach, in: Lexikon verfolgter Musiker und Musikerinnen der NS-Zeit, Claudia Maurer Zenck, Peter Petersen (Hg.), Hamburg: Universität Hamburg, 2013 (https://www.lexm.uni-hamburg.de/object/lexm_lexmperson_00002742).

Kurt Schwabach – Personendaten

Personendaten

Hauptname:Schwabach, Kurt
Geburtsname:Schneider, Kurt
Weitere Namen:Schwabach, Karl
geboren:26. Febr. 1898 Berlin, Deutschland
gestorben:26. Okt. 1966 Hamburg, BRD/Deutschland
Anmerkung:Das Todesdatum Kurt Schwabachs wird in den Quellen unterschiedlich angegeben. Laut Sterbeurkunde ist er am 26. Okt. 1966 durch Suizid gestorben (EBB SchwabachK, Bl. M96)
Mutter: Margarethe (Margarete, Marguerite Dorothee) Schwabach, geb. Jacobson (Jacobsohn), geb. Jacobson (Jacobsohn) (geb. 26. März 1873 Brüssel, Belgien, gest. 30. Nov. 1942 Ghetto Theresienstadt), Klavierlehrerin, 20. Juli 1942 Deportation von Berlin in das Ghetto Theresienstadt (http://www.bundesarchiv.de/gedenkbuch/directory.html)
Vater:Arthur Schwabach (gest. 1919), Fabrikant
Geschwister:Ruth Schwabach (gest. Ghetto Lodz/Litzmannstadt)
Ehe/Partnerschaft:I. ∞ Lisa von Huiden – II. ∞ 13. Apr. 1960 Ascona Lea Fainleeb
Kinder:
Muttersprache:Deutsch
Staatsangehörigkeit:deutsch, 1940 Ausbürgerung (PAAA SchwabachK, HeppM 1985-1988, Bd. 1, S. 316)

Kurt Schwabach – Berufe/Tätigkeiten

Berufe/Tätigkeiten

Überblick:Schriftsteller, Librettist, Texter
Ausbildung/Studium:Berlin: Werner-Siemens-Gymnasium (Notabitur, Prima-Reife)
Anstellung/Mitwirkung/Gründung:
Organisationen/Verbände
GEMA (Mitglied des Beirats), Verband Deutscher Bühnenschriftsteller und -komponisten (Präsidialbeirat)
Mitgliedschaften:GEMA, Verband Deutscher Bühnenschriftsteller und -komponisten
Titel/Auszeichnungen:
Auszeichnungen
1963 Richard-Strauss-Medaille

Kurt Schwabach – Verfolgung/Exil

Verfolgung/Exil

Gründe:„rassische“ Verfolgung
Schlagwörter:Ausbürgerung, Ausbürgerung, Berufseinschränkung, Flucht ins Ausland, Juden, Remigration, Suizid, Wiedergutmachung/Entschädigung, Zensur
Exilland:Großbritannien, Tschechoslowakei, Ungarn, Palästina/Israel
Stationen:
ab 1933
Behinderung der Berufsausübung
1933
Flucht nach England
1935
Rückkehr nach Deutschland
1937
Flucht über die Schweiz und Österreich in die Tschechoslowakei (Prag)
1939
Flucht über die polnische Grenze, Verhaftung und Abschiebung nach Ungarn
ca. 1939
Flucht nach Palästina (Tel Aviv und Haifa)
Frühjahr 1940
Ausbürgerung als deutscher Staatsbürger
Remigration:
1949
Rückkehr nach Deutschland (Hamburg)

Kurt Schwabach – Werke

Werke

Schriften

In Kurt Schwabachs Entschädigungsakte (EBB SchwabachK) befindet sich eine Aufstellung der GEMA vom 2. Febr. 1953 aller bis dahin dort vorliegenden Anmeldebogen des Textdichters. Daraus geht hervor, dass Schwabach u. a. mit den folgenden Komponisten zusammengearbeitet hat:

B. Alfonso, Leo Ascher, Wilhelm Baum, G. Becce, A. Billing, Harald Böhmelt, L. Brado, Walter Bromme, Max Büttner, Ch. Carlson, Joe Cooper, Jim Cowler,Fred David, Franz Doelle, Ch. Dündé, Austin Egen, Willy Engel-Berger, L. Friedmann, Ch. Glastings, Jesse Greer, A. Guttmann, F. H. Heddenhausen, Werner Richard Heymann, Hugo Hirsch, Victor Hollaender, Rugelio Huguet, Peter Igelhoff, Michael Jary, B. Johns und R. Perkins, Irving King, M. Knopf, K. Koenig, Walter Kollo, Hermann Krome, Heinz Kück, Eduard Künneke, Alfred Landau, R. Lander, Hermann Leopoldi, Earl Liebig, Juan Llossas, Fritz Loewe, H. M. Majewski, Rolf Marbot, Hans May, Karl M. May, Edw. J. Mayson, Will Meisel, Mischa Michaeloff, Stefan Mila, Jack Nelson, Rudolf Nelson, Egon Neumann, Lothar Olias, Mac Perry, H. v. Platen, Anton Profes, Fred Raymond, Bert Reisfeld, Carl Robrecht, Willy Rosen, Hans J. Salter, Hans Schindler, H. Schwabe, Friedrich Schwarz, Mischa Spoliansky, Robert Stolz, P. Stolzenwald, A. Stone, Otto Stransky, Paul Strasser, Oscar Straus, Georges Ulmer, C. Voigt, Franz Wachsmann, Harry Waldau, Eddie Warner, E. Yardner.

Seine  Werke sind bei den folgenden Verlagen erschienen: Alberti, Allegro, Alrobi, Arcadia, Aug. Cranz, Beboton, Befa, Bote & Bock, City, Domino, Drei Masken, Edition Accord, Edition Austro-Baltic, Edition Franz Grothe, Edition Jakobi, Edition Karl Brüll, Edition Meisel & Co., Edition Neruda/Edition Scala (Wien), Edition Siegel, Edition Tanzmelodie, Edition Vuvag, Eichmann, Erich Plessow, Felix Bloch Erben, Figaro (Wien), Finale-Musik, Flaccus, Heiki, Heinrichshofen, International-Edition, Michael Jary Produktion, Monopol-Lieder, Peter Schaeffers, Pretzfelder, Rhythmus, Roehr AG, Rondo, Sam Fox, Senta, Sikorski, Southern Music, Sterbini, Tempoton, Verlag A. Becker, Verlag Die Spinne, Verlag Drei Sterne, Vuvag, Weinberger, West-Ton, Wiener-Boheme und Wilhelm Gebauer.

(Auswahl)

1. Libretti

  • Glückliche Reise, Operette in 3 Akten, Musik: Eduard Künneke, Libretto: Max Bertuch, Kurt Schwabach, Allegro-Verlag 1932.
  • Herz über Bord, Operette, Musik: Eduard Künneke, Libretto: Kurt Schwabach, 1935.

2. Filmdrehbücher

  • Gruß und Kuss – Veronika, Deutschland 1933, UA: 29. Aug. 1933 in Berlin, Regie: Carl Boese, Drehbuch: Kurt Schwabach, Musik: Franz Wachsmann, Darsteller: Franziska Gaal, Paul Hörbiger, Otto Wallburg.
  • Skandal in der Botschaft, Deutschland 1950, UA: 8. Dez. 1950, Berlin, Delphi, Regie: Erik Ode, Drehbuch: Georg Fraser, Karl Peter Gillmann, Kurt Schwabach, Musik: Harald Böhmelt, Darsteller: Viktor de Kowa, Jeanette Schultze, Mady Rahl, Ernst Waldow.
  • Barcelona (Kurz-Dokumentarfilm), Deutschland 1952, Regie: Jordan J. Boyadjieff, Drehbuch, Kurt Schwabach, Musik: Hans-Martin Majewski.

3. Bekannte Liedtexte

3.1 in Filmen

  • Paprika, Deutschland 1932, UA: 4. Nov. 1932, Regie: Carl Boese, Drehbuch: Bobby E. Lüthge, Musik: Franz Wachsmann, Liedtexte: Kurt Schwabach, Darsteller: Paul Hörbiger, Margarethe Kupfer, Hermann Picha.
  • Gruß und Kuss – Veronika, Deutschland 1933, UA: 29. Aug. 1933 in Berlin, Regie: Carl Boese, Musik: Franz Wachsmann, Liedtexte: Kurt Schwabach, Darsteller: Franziska Gaal, Paul Hörbiger, Otto Wallburg.
  • Heimweh nach St. Pauli, Deutschland 1963, UA: 29. Aug. 1963, Hamburg, Regie: Werner Jacobs, Drehbuch: Gustav Kampendonk, Musik: Lotar Olias, Liedtexte: Walter Rothenburg, Kurt Schwabach, Darsteller. Freddy Quinn, Bill Ramsey, Jayne Mansfield, Ullrich Haupt, Beppo Brem.

3.2 Schlager

  • Wenn Du einmal Dein Herz verschenkst, Musik: Willy Rosen, Text. Kurt Schwabach, Edition Meysel & Co., 1930.
  • Darf ich um den nächsten Tango bitten, Musik: Willy Rosen, Text: Kurt Schwabach, Alrobi-Verlag, 1930.

Kurt Schwabach – Quellen

Quellen

Archive

EBB SchwabachK
Entschädigungsbehörde Berlin, Landesamt für Bürger- und Ordnungsangelegenheiten, https://www.berlin.de/labo/: enthält: Entschädigungsakten Kurt Schwabach (Aktenzeichen 25.155, 315.180).
PAAA SchwabachK
Politisches Archiv des Auswärtigen Amtes Berlin, https://www.auswaertiges-amt.de/DE/AAmt/PolitischesArchiv/Uebersicht_node.html: enthält: Personenakte zum Ausbürgerungsverfahren Kurt Schwabach (Sign.: R 99846).
StAHH SchwabachK
Staatsarchiv der Freien und Hansestadt Hamburg, http://www.hamburg.de/staatsarchiv/: enthält: Entschädigungsakte Kurt Schwabach (Sign.: Bestand 351-11 Amt für Wiedergutmachung) (vormals: Behörde für Soziales, Familie, Gesundheit und Verbraucherschutz, Versorgungsamt Hamburg, Amt für Wiedergutmachung, FS 5344, http://ww.bsg.hamburg.de, Aktenzeichen 260.298).

NS-Publikationen

BrücknerH/RockCM 1938
Judentum und Musik – mit einem ABC jüdischer und nichtarischer Musikbeflissener, Hans Brückner, Christa Maria Rock (Hg.), 3. Aufl., München: Brückner, 1938 (1. Aufl. 1935, 2. Aufl. 1936, antisemitische Publikation).
StengelT/GerigkH 1941
Lexikon der Juden in der Musik. Mit einem Titelverzeichnis jüdischer Werke. Zusammengestellt im Auftrag der Reichsleitung der NSDAP auf Grund behördlicher, parteiamtlich geprüfter Unterlagen, Theo Stengel, Herbert Gerigk (Bearb.) (= Veröffentlichungen des Instituts der NSDAP zur Erforschung der Judenfrage, Bd. 2), Berlin: Bernhard Hahnefeld, 1941 (1. Aufl. 1940, antisemitische Publikation).

Literatur

HeppM 1985-1988
Die Ausbürgerung deutscher Staatsangehöriger 1933-45 nach den im Reichsanzeiger veröffentlichten Listen. Bd. 1: Listen in chronologischer Reihenfolge, Bd. 2: Namensregister, Bd. 3: Register der Geburtsorte und der letzten Wohnorte, Michael Hepp (Hg.), München u. a.: Saur, 1985, 1988.
Riemann 1972-1975
Riemann-Musik-Lexikon, Ergänzungsbände, Carl Dahlhaus (Hg.), 12. völlig neubearb. Aufl., Mainz u. a.: Schott, 1972-1975.

Kurt Schwabach – IDs

IDs

GND - Deutsche Nationalbibliothek
http://d-nb.info/gnd/117326933
LCNAF - Library of Congress
https://lccn.loc.gov/n2005044126
VIAF - Virtual International Authority File
http://viaf.org/viaf/15543357
Permanente URL im LexM
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Empfohlene Zitierweise
Axel Schmidt: Kurt Schwabach, in: Lexikon verfolgter Musiker und Musikerinnen der NS-Zeit, Claudia Maurer Zenck, Peter Petersen (Hg.), Hamburg: Universität Hamburg, 2013 (https://www.lexm.uni-hamburg.de/object/lexm_lexmperson_00002742).

Axel Schmidt (2013, aktualisiert am 30. März 2017)
https://www.lexm.uni-hamburg.de/object/lexm_lexmperson_00002742