Lexikon verfolgter Musiker und Musikerinnen der NS-Zeit
an der Universität Hamburg herausgegeben
seit 2005 von Claudia Maurer Zenck und Peter Petersen
unter Mitarbeit von Sophie Fetthauer
seit Juli 2014 von Claudia Maurer Zenck, Peter Petersen und Sophie Fetthauer
unter Mitarbeit von Nicole Ristow
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Béla Bartók

geb. am 25. März 1881 in Nagyszentmiklós/Sânnicolau Mare (Ungarn), Österreich-Ungarn/heute: Rumänien, gest. am 26. Sept. 1945 in New York (NY), USA, Komponist, Pianist, Musikethnologe, Musikpädagoge.

Biographie


Bildnachweis

Béla Bartók wurde als erstes Kind von Béla und Paula Bartók, geb. Voit, am 25. März 1881 in der Kleinstadt Nagyszentmiklós im Banat 200 km süd-östlich von Budapest geboren. Der Ort gehörte damals zu Ungarn, seit 1920 gehört er zu Rumänien. Bartóks Vater, Béla Bartók senior, der die landwirtschaftliche Schule des Städtchens leitete, starb mit 33 Jahren, als Béla sieben und seine Schwester Elsa drei war. Je nach Beschäftigungsmöglichkeit als Lehrerin, lebte die Mutter mit ihren beiden Kindern in verschiedenen Städten der Region, ab 1894 in Preßburg (Pozsony, Bratislava), von wo auch ihre deutschen Eltern stammten. Bartók, der kein Wunderkind war, aber schon früh eine ungewöhnliche Musikalität zeigte – absolutes Gehör, schnelle Fortschritte am Klavier, eigene Kompositionen ab neun Jahren –, wurde 1899 in die Budapester Musikakademie in die Klassen Klavier (István Thomán) und Komposition (Hans Koessler) aufgenommen. In Budapest hatte er u. a. Gelegenheit, eine der Tondichtungen von Richard Strauss („Also sprach Zarathustra“) zu hören, die ihn sehr beeindruckte. Wenig später komponierte er die „Kossuth-Sinfonie“ für großes Orchester, deren Sujet die Verherrlichung des Ungartums und die gescheiterte Befreiung von der Donaumonarchie Österreich beschreibt.

Das Jahr 1905 leitete eine entscheidende Wende in Bartóks Leben ein. Er ging aufs Land und begann die Musik bäuerlicher Kulturen aufzuzeichnen. Fasziniert von der Frische und dem formalen Reichtum dieser teils sehr alten Musikbestände, unternahm Bartók in den folgenden Jahren immer wieder Feldforschungsreisen, deren Ergebnisse er mit seinem Freund Zoltán Kodály austauschte. Seine Sammlungen und Übertragungen von ungarischer, slowakischer, rumänischer, ukrainischer, serbischer, dann auch arabischer (1913) und türkischer (1936) Volksmusik und seine Analysen der Lieder und Tänze samt den jeweiligen Lebenszusammenhängen fanden Anerkennung in der sich um die Jahrhundertwende etablierenden internationalen Musikethnologie. Die Kenntnis der Volksmusik verschiedener Länder führte auch zu einer Neuorientierung als Komponist. Andere Tonsysteme, heterometrische Zeitorganisation und das Prinzip der Variabilität von Melodien und Formen wiesen ihm den Weg zur Überwindung der Dur-Moll-Tonalität und führten ihn bis an die Grenzen tonaler Schreibweise („Bagatellen“ op. 6, 1908).

1905 war auch das Jahr, in dem Bartók auf dem Rubinstein-Wettbewerb in Paris auftrat und erfolglos blieb. Dies mag der Anlass gewesen sein, dass er die reine Pianistenkarriere aufgab und forthin vor allem komponierte und wissenschaftlich arbeitete. Seine Auftritte als Pianist galten nunmehr primär eigenen Kompositionen, und überdies hatte er Klavierschüler und -schülerinnen – seit 1907 auch als Nachfolger seines Lehrers István Thomán an der Budapester Musikakademie. Im Musikleben Budapests spielte Bartók eine ambivalente Rolle. Er setzte sich für die zeitgenössische Musik ein und gehörte zu den Gründungsmitgliedern der Neuen Ungarischen Musikgesellschaft (UMZE), hatte indessen mit seinen eigenen Werken im Ausland mehr Erfolg als in Budapest. Sein internationales Ansehen als Komponist stieg im Laufe der Jahre so sehr, dass er neben Alban Berg, Paul Hindemith, Arthur Honegger, Zoltán Kodály, Darius Milhaud, Maurice Ravel, Ottorino Respighi, Arnold Schönberg, Igor Strawinsky, Anton Webern, Egon Wellesz und anderen zu den Initiatoren der 1922 in Salzburg gegründeten Internationalen Gesellschaft für Neue Musik (IGNM bzw. ISCM) gehörte.

Zu den Hauptwerken, die Bartók bis Mitte der 1930er Jahre schrieb, zählen drei Bühnenwerke („Herzog Blaubarts Burg“ 1911, „Der holzgeschnitzte Prinz“ 1916, „Der wunderbare Mandarin“ 1919), ein großes Chorwerk mit dem Titel „Cantata profana“ (1930), mehrere Orchesterwerke (darunter „Vier Orchesterstücke“ 1912/1921 und die „Tanz-Suite“ 1923), zwei Klavierkonzerte (1926, 1931), fünf Streichquartette (1908, 1917, 1927, 1928, 1934) und etliche Klavierwerke (u. a. „Allegro barbaro“ 1911, Etüden 1918, „Improvisationen über ungarische Bauernlieder“ 1920, Sonate 1926, „Mikrokosmos“ 1926-1939). 1923 schloss Bartók mit der Universal Edition Wien einen Exklusivvertrag. Seine erste Amerika-Tournee fand 1927/1928 statt, ein Jahr später tourte er durch die Sowjetunion.

1909 hatte Bartók eine seiner Schülerinnnen, Martha Ziegler, geheiratet, die ein Jahr später den Sohn Béla zur Welt brachte. 1923 wurde die Ehe geschieden. Bartók heiratete im selben Jahr zum zweiten Mal, und zwar wiederum eine seiner Schülerinnen, Ditta Pásztory, die später seine Duopartnerin bei Konzertauftritten mit zwei Klavieren wurde. Aus dieser Ehe ging 1924 der Sohn Péter hervor. 1929 machte Bartók anlässlich einer Konzertreise in die Schweiz die Bekanntschaft von Paul Sacher und dessen Basler Kammerorchester. Sacher, der auch als Mäzen tätig war, erteilte Bartók in den 1930er Jahren mehrere Kompositionsaufträge („Musik für Saiteninstrumente, Schlagzeug und Celesta“ 1936, „Sonate für zwei Klaviere und Schlagzeug“ 1937, „Divertimento für Streichorchester“ 1939) und ermöglichte ihm, ein Haus in Saanen inmitten der Schweizer Bergwelt zu bewohnen, um in Ruhe arbeiten zu können („Ich fühle mich irgendwie wie ein Musiker der alten Welt, den sein Mäzen eingeladen hat.“ – BartókB 1973, Bd. 2, S. 151). Teils in der Schweiz, teils an anderen Orten entstanden dann noch drei weitere ‚europäische’ Werke Bartóks, das (zweite) Violinkonzert 1937/1938, die „Contrasts“ für Violine, Klarinette und Klavier 1938 und das 6. Streichquartett 1939.

Kurz vor Weihnachten 1939 starb Bartóks Mutter 82-jährig in Budapest. Nicht zuletzt ihretwegen hatte Bartók Auswanderungspläne immer wieder hinausgeschoben. Indizien für derartige Pläne waren u. a. sein Austritt aus der AKM (Gesellschaft der Autoren, Komponisten und Musikverleger in Österreich) im Juni 1938 (BartókB 1973, Bd. 2, S. 144), der Vertragsabschluss mit Boosey & Hawkes im Juni 1939 (UjfalussyJ 1972, S. 340), weil die Wiener Universal Edition ein „Naziverlag“ geworden sei (SzabolcsiB 1957, S. 285), und die Verbringung seiner Manuskripte ins Ausland, 1938 zunächst in der Schweiz (SzabolcsiB 1957, S. 286 f.), dann im April 1939 nach England und nach Kriegsbeginn in die USA (UjfalussyJ 1972, S. 341).

Im April und Mai 1940 unternahm Bartók eine Konzertreise in die USA, die auch dazu diente, die Bedingungen für einen längeren Aufenthalt dort zu erkunden. Als sich abzeichnete, dass er von Januar 1941 bis Dezember 1942 als ein Visiting Assistant in Music mit einem Gehalt von $ 3.000 im Jahr musikethnologische Forschungen an der Columbia University in New York würde betreiben können, bereiteten er und seine Frau für sich die Ausreise vor; der Sohn Péter sollte später nachkommen. Am 8. Okt. 1940 gab das Künstlerehepaar im großen Saal der Budapester Musikakademie ein Abschiedskonzert. Wenige Tage später reisten sie über Italien in die Schweiz, um sich von den Sachers und anderen Freunden zu verabschieden. Von dort aus ging es durch Frankreich und Spanien nach Portugal. In Lissabon bestiegen sie am 20. Oktober die „Excalibur“, mit der sie zehn Tage später New York erreichten (WeberH/DreesS 2005, S. 142).

In seinen fünf letzten Lebensjahren wohnte Bartók in New York. Am 25. Nov. 1940 wurde ihm die Ehrendoktorwürde der Columbia University verliehen. Im darauf folgenden Jahr begann er mit der Übertragung der phonographischen Sammlung jugoslawischer Volksmusik, die Milman Parry 1934/1935 aufgenommen hatte und die an dieser University verwahrt wurde (fast 2500 Schallplatten). Daneben gab Bartók Konzerte mit eigenen Werken, oft auch zusammen mit seiner Frau Ditta Pásztory. Ihr Musizierstil und der strenge Habitus ihres Auftretens kamen aber beim amerikanischen Publikum nicht gut an (HeinsheimerHW 1952, S. 113). Da es auch schwierig war, Klavierschüler zu finden, verschlechterte sich die wirtschaftliche Lage der Bartóks zusehends. Hinzu kamen gesundheitliche Probleme (Arthritis, dann Leukämie).

Unter diesen Umständen war es Bartók zunächst nicht möglich, zu komponieren. 1943 formte er aus der „Sonate für zwei Klaviere und Schlagzeug“ eine Konzertfassung für großes Orchester, die am 21. Jan. 1943 in New York unter der Leitung von Fritz Reiner und mit den Bartóks als Solisten uraufgeführt wurde (letzter öffentlicher Auftritt Bartóks als Pianist). Im Februar 1943 begann er mit einer vorerst auf acht Sitzungen geplanten Vorlesungsreihe an der Harvard University, die er aber nach der dritten Vorlesung wegen schwerer gesundheitlicher Probleme abbrechen musste (SuermannR 1995). Im Mai desselben Jahres beauftragte Sergei Kussewizki Bartók mit der Komposition eines Orchesterwerks für das Boston Symphony Orchestra. Das in kurzer Zeit geschriebene „Concerto for Orchestra“ wurde ein Jahr später in Boston uraufgeführt. Dem Konzert, das einen triumphalen Erfolg hatte, konnten Bartók und seine Frau beiwohnen. Im November 1943 besuchte Yehudi Menuhin Bartók in New York und bestellte bei ihm eine Violin-Solosonate. Bartók vollendete das viersätzige Werk im März 1944 und war auch bei der Uraufführung im November desselben Jahres in New York zugegen. Im letzten Sommer vor seinem Tod schrieb Bartók das 3. Klavierkonzert, das speziell für seine Frau gedacht war. Ein von William Primrose in Auftrag gegebenes Bratschenkonzert blieb unvollendet.

Die ‚amerikanischen’ Originalkompositionen reflektieren jede auf ihre Weise die Exilsituation Bartóks. Das „Concerto for Orchestra“ lässt die Musik aus „Herzog Blaubarts Burg“ anklingen und macht gleichzeitig amerikanische Einflüsse hörbar (GeigerF 1999). Die „Sonata for Violin solo“ ruft mit Johann Sebastian Bach das alte, bessere Deutschland als Zeugen auf und weist dabei mit seiner Viertel- und Dritteltönigkeit in die Zukunft (PetersenP 1981). Das „Piano Concerto no. 3“ schließlich, das nach Kriegsende komponiert wurde, feiert mit seinem hellen, naturnahen Charakter und einem „Adagio religioso“ den endlich erlangten Frieden (TalliánT 1988).

Im September 1945 verschlechterte sich Bartóks Gesundheitszustand rapide. Er wurde von Saranac Lake, wo er sich mit seiner Frau (wie schon in den Jahren vorher) zur Erholung aufhielt und wohin der Sohn Péter zu Besuch kam, nach New York City und dann ins West Side Hospital gebracht. Hier starb Bartók am 26. Sept. 1945. Er wurde zwei Tage später auf dem Ferncliff Cemetery in Hartsdale, Westchester, nach unitarischem Ritus beigesetzt (BartókD 1965). 1987 wurde seine Asche nach Budapest überführt.

Bartók fühlte sich in den Vereinigten Staaten von Amerika als Exilant. Er hatte sich 1942 in New York auf einer „black list“ der Nazis wiedergefunden und erfahren, dass seinem Sohn Peter die Durchreise durch Deutschland verwehrt worden war (WeberH/DreesS 2005, S. 404). Dankbar für die Aufnahme in dem freien Land und froh über jede Niederlage, die den Achsenmächten im Verlauf des Kriegs zugefügt wurde – der Sohn Péter diente seit Januar 1944 in der US-Navy –, erwartete er doch mit Ungeduld den Tag, wo er nach Ungarn zurückkehren konnte. Er erledigte zwar die erforderliche (zweite) Einreise in die USA über Kanada, um reguläre Papiere („first papers“) zu erhalten und Steuern zahlen zu können, aber die US-amerikanische Staatsbürgerschaft wollte er am Ende doch nicht beantragen (BartókP 2002, S. 315, WeberH/DreesS 2005, S. 405 f.). Der Wunsch, nach Budapest zurückzukehren, wurde ihm zu Lebzeiten nicht erfüllt. Noch vier Monate vor seinem Tod schrieb er am 6. Juni 1945 an seinen Sohn Péter, der eine mögliche Heimkehr ins Gespräch gebracht hatte: „Oh, how can you imagine that?! There will probably be no conveyance even in a year’s time that would carry one home. Waiting, waiting, waiting and – weeping, weeping, weeping, weeping – this is all we can do.“ (BartókP 2002, S. 316)

Von allen, die ihn kannten, als vollkommen integrer Mensch mit festen ethischen Prinzipien beschrieben, war es Bartók nicht möglich, unter einem Unrechtsregime zu leben. Sein selbst gewähltes Exil beruhte auf Ablehnung, ja Hass gegen diktatorische Systeme welchen Typs auch immer: zuerst das Italien Mussolinis („Stiefelland“, BartókB 1973, Bd. 2, S. 157), dann das Deutschland Hitlers („Räuber- und Mördersystem“, (SzabolcsiB 1957, S. 285), schließlich das Ungarn der Stalinisten („terrorist gangs“, BartókP 2002, S. 310).

Bartók gehörte zu den potentiell Verfolgten, sein Leben und das seiner Familie waren jedoch nicht direkt bedroht. Arturo Toscanini und einigen anderen Künstlern vergleichbar, ist Bartók als entschiedener Regimegegner zu bezeichnen, der mit dem Gang ins Exil seine Verweigerungshaltung bekundete. Als im Mai 1931 ein Zwischenfall bekannt wurde, bei dem Arturo Toscanini von italienischen Faschisten tätlich angegriffen worden war, weil er sich geweigert hatte, die „Giovanezza“ (Kampflied der Faschisten) zu dirigieren, entwarf Bartók als Präsident der Neuen Ungarischen Musikgesellschaft eine Resolution, in der der Vorfall verurteilt und zur „Verteidigung der Integrität und Autonomie des Kunstlebens“ aufgerufen wurde. Adressaten waren die nationalen Sektionen der IGNM, Ziel sollte die Gründung einer „Weltföderation“ zum Schutz des Lebens und Wirkens der Künstler sein (SzigetiJ 1962, S. 263). 1934 war Bartók selbst das Ziel einer Pressekampagne in Berlin, in der das Gerücht verbreitet wurde, er sei „nichtarischer“ Abstammung. Von seinem Verlag (Universal Edition) aufgefordert, „Taufscheine und andere standesamtliche Unterlagen“ über seine Großeltern einzureichen, wies er dieses Ansinnen empört zurück und spielte sogar mit dem Gedanken, demonstrativ zum Judentum überzutreten (DilleD 1968, S. 170 f.). Gut bezeugt, wenngleich bis heute nicht archivalisch dokumentiert, ist auch der Protest Bartóks gegen die Düsseldorfer Ausstellung „Entartete Musik“ von 1938. Laut seinem ersten Biographen Serge Moreux hatte Bartók Ende 1938 an das deutsche Außenministerium geschrieben und „gegen das Fehlen seiner eigenen Werke bei dieser großen Parade“ protestiert (MoreuxS 1950, S. 17). Kurz vor seiner Auswanderung in die USA verfasste Bartók ein Testament, in dem er festlegte, dass in seiner Heimat nach seinem Tod weder eine Straße nach ihm benannt noch eine Gedenktafel mit seinem Namen an öffentlichen Plätzen angebracht werden dürfe, solange Hitler und Mussolini Namensgeber für Straßen und Plätze in Ungarn seien (StevensH 1964, S. 90 f.).

Andererseits wäre es unangebracht, Bartók als eine Art Widerstandskämpfer zu heroisieren. Wie János Breuer in seiner Studie „Bartók im Dritten Reich“ (BreuerJ 1995) dargelegt hat, legte Bartók keinen förmlichen Widerspruch gegen die Aufführung seiner Werke in Nazi-Deutschland ein. In der Tat wurde seine Musik im „Dritten Reich“ in der Zeit von März 1933 bis März 1945 häufig aufgeführt (nahezu 100 Konzerte), darunter auch schwer zugängliche Werke wie die Violinsonaten oder das 4. Streichquartett. Überdies wäre Bartók bis März 1938 bereit gewesen, in Deutschland als Solist eigener Werke aufzutreten, doch kam es aus Termingründen nicht dazu. Dass die Nazis seine avantgardistischen Werke nicht auf den Index setzten, obgleich in der Presse hier und da gegen sie gewettert wurde, lag an der NS-freundlichen Haltung des ungarischen Staats. Bartók seinerseits tolerierte die Aufführungen, weil er sie ohnehin nicht hätte verhindern können. Vielleicht hoffte er auch, dass seine Musik auch dann noch die Hörer erreichte, wenn sie in einer Umgebung erklangen, die ihrem Geist und ihrer Humanität widersprach.

Hauptquellen: DilleD 1968, BartókB 1973, BónisF 1981, SomfaiL 1999, BartókP 2002

Empfohlene Zitierweise
Peter Petersen: Béla Bartók, in: Lexikon verfolgter Musiker und Musikerinnen der NS-Zeit, Claudia Maurer Zenck, Peter Petersen (Hg.), Hamburg: Universität Hamburg, 2009 (https://www.lexm.uni-hamburg.de/object/lexm_lexmperson_00002543).

Béla Bartók – Personendaten

Personendaten

Hauptname:Bartók, Béla
Geburtsname:Bartók, Béla Viktor János
geboren:25. März 1881 Nagyszentmiklós (Ungarn)/Sânnicolau Mare/Groß Sankt Nikolaus, Österreich-Ungarn/heute: Rumänien
gestorben:26. Nov. 1945 New York (NY), USA
Mutter:Paula Bartók, geb. Voit (geb. 16. Jan. 1857 Turóczszentmárton, gest. 19. Dez. 1939 Budapest), Lehrerin, Klavierlehrerin, ∞ mit Béla Bartók (sen.) am 5. Apr. 1880
Vater:Béla Bartók (geb. 19. Nov. 1855 Dávidháza, gest. 4. Aug. 1888 Nagyszentmiklós), Direktor einer Landwirtschaftsschule, ∞ mit Paula Voit am 5. Apr. 1880
Geschwister:Erzsébet (Elsa) Bartók (geb. 11. Juni 1885, gest. 11. Sept. 1955 Budapest), ∞ 16. Nov. 1904 Elza Bartók-Oláh Tóth, von Bartók auch „Böske“ genannt
Ehe/Partnerschaft:I. ∞ 1909 Márta Ziegler (geb. 1893, gest. 14. Mai 1967); II. ∞ Aug. 1923 Ditta (Édith) Pásztory (geb. 31. Sept. 1903 Rimaszombat, gest. 21. Nov. 1982 Budapest), Pianistin, Exil 1940 in den USA, Remigration nach Ungarn 1946
Kinder:mit Márta Ziegler: Béla Bartók (geb. 22. Aug. 1910 Budapest, gest. 1994), Ingenieur, ∞ Judith Bartók, geb. Simay – mit Ditta Pásztory: Péter Bartók (geb. 31. Juli 1924 Budapest), Toningenieur, Exil April 1942 in den USA
Muttersprache:Deutsch (Mutter), Ungarisch (Vater) (DilleD 1968, S. 277)
Religionszugehörigkeit:katholisch, seit 1916 unitarisch (BartókP 2002, S. 230)
Staatsangehörigkeit:ungarisch
Grabstätte:Ferncliff Cemetery in Hartsdale, Westchester, USA; 1988 Überführung seiner Asche nach Budapest

Béla Bartók – Berufe/Tätigkeiten

Berufe/Tätigkeiten

Überblick:Komponist, Pianist, Musikethnologe, Musikpädagoge
Ausbildung/Studium:Budapest: Musikakademie, Klavierunterricht bei István Thomán, Kompositionsunterricht bei Hans Koessler
Anstellung/Mitwirkung/Gründung:
Hochschulen
Budapest: Musikakademie, New York (NY): Columbia University, Cambridge (MA): Harvard University
Musikverlage/Musikalienhandlungen
Wien: Universal Edition, London und New York: Boosey & Hawkes
Organisationen/Verbände
Internationale Gesellschaft für Neue Musik (IGNM, ISCM), Neue ungarische Musikgesellschaft, Budapest
Mitgliedschaften:Ehrenmitglied der ungarischen Sektion der IGNM, Mitglied im Comité International de Coopération Intellectuelle des Völkerbunds (1930), Korrespondierendes Mitglied der Ungarischen Akademie der Wissenschaften (1936), Mitglied im Comité des Lettres et des Arts Paris, Direktoriumsmitglied der Ungarischen Akademie der Wissenschaften (1945), Bureau voor Muziek Auteursrechten in Holland (BUMA), Incorporated Society of Musicians in Großbritannien (ISM), American Society of Composers, Authors and Publishers (ASCAP)
Titel/Auszeichnungen:
Akademische Titel
Professor (Budapester Musikhochschule), Dr. h. c. (Columbia University in New York, 25. Nov. 1940)
Auszeichnungen
1931 Ritter der Ehrenlegion, 1931 Ungarischer Corvin-Kranz, 1935 Greguss-Medaille der Kisfaludy-Gesellschaft, von Bartók unter Protest abgelehnt (BartókB 1973, Bd. 2, S. 127), 1943 „Emergency grant“ der American Academy of Arts and Letters

Béla Bartók – Verfolgung/Exil

Verfolgung/Exil

Gründe:andere Verfolgungsgründe
Schlagwörter:Auswanderung
Exilland:USA
Stationen:
1938/1939
Bartók kündigt den Vertrag mit der Universal Edition Wien und geht zu Boosey & Hawkes
1939
Bartók expediert einen Großteil seiner Manuskripte in die Schweiz, dann nach London, 1940 weiter in die USA
April 1940
Bartók reist im Frühjahr in die USA, um seine Übersiedlung vorzubereiten
Oktober 1940
Bartók gibt ein öffentliches Abschiedskonzert in Budapest und emigriert über die Schweiz, Frankreich, Spanien und Portugal in die USA
1945
Erhalt der „first papers“ für den Aufenthalt in den USA

Béla Bartók – Werke

Werke

Kompositionen

Werkverzeichnisse siehe in: SomfaiL 1996 (mit neuer Zählung der Werke Béla Bartóks: BB 1 bis BB 129), SomfaiL 1999, DilleD 1974.

Schriften

Siehe ein vollständiges Verzeichnis der Schriften in: SomfaiL 1999.

Praktische Ausgaben von Aufsätzen:

  • Béla Bartók: Weg und Werk, Schriften und Briefe, Bence Szabolcsi (Bearb.), Bonn: Boosey & Hawkes, 1957.
  • Béla Bartók: Musiksprachen. Aufsätze und Vorträge. Bence Szabolcsi (Hg.), Leipzig: Reclam, 1972.
  • Béla Bartók: Essays (= Studies in Musicology, 8), Benjamin Suchoff (Hg.), London: Faber & Faber, 1976.

Tonträger

  • Centenary Edition of Bartók’s Records (Complete), 13 LPs, László Somfai, Zoltán Kocsis (Hg.), Budapest: Hungaroton records, 1981; erweiterte Ausgabe auf 10 CDs 1991 und 1995.

Béla Bartók – Quellen

Quellen

Archive

BFfdE BartókB
Walter A. Berendsohn-Forschungsstelle für deutsche Exilliteratur, Hamburg, https://www.exilforschung.uni-hamburg.de: enthält: Zeitungsausschnittsammlung (v. a. Meldungen, Berichte, Portraits, Rezensionen, Nachrufe) sowie Theaterzettel und Programmhefte zu Béla Bartók von 1928-1962 (Sign.: PWJ I 1441-3).
BRdB BartókB
Bibliothèque Royale de Belgique / Kokninklijke Bibliotheek van België, Brüssel, http://www.kbr.be/: enthält: Béla Bartók-Archiv (http://bartok.kbr.be/).
BRH BartókB
Bartók Records, Homosassa (FL), http://www.bartokrecords.com/: enthält: Béla Bartók-Archiv.
PSSt BartókB
Paul Sacher Stiftung, Basel, http://www.paul-sacher-stiftung.ch/: enthält: Sammlung Béla Bartók mit Musikmanuskripte (Reinschriften), Probedrucken undHandexemplaren, Musikmanuskripten (Skizzen und Entwürfe), Programmen und Rezensionen, Textmanuskripten sowie Korrespondenz.
ZTI BartókB
Zenetudományi Intézet / The Hungarian Academy of Sciences, Institute for Musicology, Budapest, http://www.zti.hu/: enthält: Béla Bartók-Archiv (http://www.zti.hu/bartok/ba_en.htm).

Publizierte Dokumente

BartókB 1972
Béla Bartók: Musiksprachen. Aufsätze und Vorträge, Bence Szabolcsi (Hg.), Leipzig: Reclam, 1972.
BartókB 1973
Béla Bartók: Briefe, 2 Bde., János Demény (Hg.), deutsche Übertragung von K. L. Brüll u. a., Budapest: Corvina, 1973.
BartókB 1981
Béla Bartók: Centenary Edition of Bartók’s Records (Complete), 13 LPs, László Somfai, Zoltán Kocsis (Hg.), Budapest: Hungaroton records, 1981 (auf 10 CDs erweiterte Ausgabe 1991 und 1995).
BartókD 1965
Ditta Bartók: 26. September 1945. Zum 20. Todestag von Béla Bartók, in: Österreichische Musikzeitschrift, 20, 1965, S. 445-449.
BartókP 2002
Peter Bartók: My father, Homosassa (FL): Bartók Records, 2002.
BónisF 1981
Ferenc Bónis: Béla Bartók. Sein Leben in Bilddokumenten, 2., erw. Aufl., Zürich u. a.: Atlantis, 1981.
DilleD 1968
Documenta Bartókiana [Briefe an Béla Bartók], H. 3, Denis Dille (Hg.), Budapest, Mainz: Schott, Akadémiai Kiadó, 1968.
DilleD 1974
Thematisches Verzeichnis der Jugendwerke Béla Bartóks 1890-1904, Denis Dille (Hg.), Budapest, Kassel u. a.: Akadémiai Kiadó, Bärenreiter, 1974.
DilleD 1990
Denijs Dille: Béla Bartók. Regard sur le passé, Yves Lenoir (Hg.) (= Études Bartókiennes I), Louvain-La-Neuve: Inst. Supérieur d’Archéologie et d’Histoire de l’Art, Collège Érasme, 1990.
LenoirY 2002
Archives Béla Bartók de Belgique. Fonds Denijs Dille. Exposition organisée à la Bibliothèque royale de Belgique du 3 août au 14 septembre 2002, Yves Lenoir (Hg.), Brüssel: 2002.
SomfaiL 1977
Documenta Bartókiana, Neue Folge, H. 5, László Somfai (Hg.), Mainz, Budapest: Schott, Akadémiai Kiadó, 1977.
SomfaiL 1981
Documenta Bartókiana, Neue Folge, H. 6, László Somfai (Hg.), Mainz, Budapest: Schott, Akadémiai Kiadó, 1981.
SomfaiL 1996
László Somfai: Béla Bartók. Composition, Concepts, and Autograph Sources (= Ernest Bloch lectures, 9), Berkeley (CA), Los Angeles, London: University of California Press, 1996.
SuchoffB 1976
Béla Bartók: Essays, Benjamin Suchoff (Hg.) (= Studies in Musicology, 8), London: Faber & Faber, 1976.
SzabolcsiB 1957
Béla Bartók. Weg und Werk, Schriften und Briefe, Bence Szabolcsi (Bearb.), Bonn: Boosey & Hawkes, 1957.

Literatur

BartókP 2002
Peter Bartók: My father, Homosassa (FL): Bartók Records, 2002.
BreuerJ 1995
János Breuer: Bartók im Dritten Reich, in: Studia Musicologica. Academiae Scientiarum Hungaricae, Jg. 36, H. 3, Budapest: Akadémiai Kiadó, 1995, S. 263-284.
DilleD 1974
Thematisches Verzeichnis der Jugendwerke Béla Bartóks 1890-1904, Denis Dille (Hg.), Budapest, Kassel u. a.: Akadémiai Kiadó, Bärenreiter, 1974.
DilleD 1990
Denijs Dille: Béla Bartók. Regard sur le passé, Yves Lenoir (Hg.) (= Études Bartókiennes I), Louvain-La-Neuve: Inst. Supérieur d’Archéologie et d’Histoire de l’Art, Collège Érasme, 1990.
GeigerF 1999
Friedrich Geiger: Aspekte des Exils von Béla Bartók im Spiegel des „Concerto for Orchestra“, in: Exilmusik. Komposition während der NS-Zeit, Friedrich Geiger, Thomas Schäfer (Hg.) (= Musik im „Dritten Reich“ und im Exil, Bd. 3, Hanns-Werner Heister, Peter Petersen (Hg.)), Hamburg: von Bockel, 1999, S. 290-312.
GeigerF 2001
Friedrich Geiger: Edwin von der Nüll – ein Bartók-Forscher im NS-Staat, in: Musikforschung – Faschismus – Nationalsozialismus. Referate der Tagung der Gesellschaft für Musikforschung Schloss Engers (8.-11. März 2000), Isolde von Foerster, Christoph Hust, Christoph-Hellmut Mahling (Hg.), Mainz: Are, 2001, S. 359-369.
HeinsheimerHW 1952
Hans Walter Heinsheimer: Fanfare for 2 pigeons, Garden City u. a.: Doubleday, 1952.
HelmE 1965
Everett Helm: Béla Bartók in Selbstzeugnissen und Bilddokumenten, Reinbek: Rowohlt, 1965.
LenoirY 1986
Yves Lenoir: Folklore et transcendence dans l’œuvre américaine de Béla Bartók (1940-1945). Contributions à l’étude de l’activité scientifique et créatrice du compositeur (= Publications d’histoire de l’art et d’archéologie de l’université catholique de Louvaine, Bd. 48), Court-St-Étienne: Imprimérie É Oleffe, 1986.
LenoirY 1993
Yves Lenoir: Béla Bartók und sein Exilwerk, in: Musik im Exil. Folgen des Nazismus für die internationale Musikkultur, Hanns-Werner Heister, Claudia Maurer Zenck, Peter Petersen (Hg.), Frankfurt a. M.: Fischer Taschenbuchverlag, 1993, S. 385-408.
MoreuxS 1950
Serge Moreux: Béla Bartók. Leben – Werk – Stil, aus dem Französischen von Ursula Müller, Zürich, Freiburg i. Br.: Atlantis, 1950.
PetersenP 1981
Peter Petersen: Bartóks Sonata für Violine solo. Ein Appell an die Hüter der Autographen, in: Béla Bartók (= Musik-Konzepte, 22, Heinz-Klaus Metzger, Rainer Riehn (Hg.)), München: text + kritik, 1981, S. 55-68.
SomfaiL 1996
László Somfai: Béla Bartók. Composition, Concepts, and Autograph Sources (= Ernest Bloch lectures, 9), Berkeley (CA), Los Angeles, London: University of California Press, 1996.
StascheitAG 2008
Stascheit Andreas Georg: Béla Bartók und die Milman Parry Collection der Harvard University – Volksliedforschung im amerikanischen Exil, in: Komponisten im Exil. 16 Künstlerschicksale des 20. Jahrhunderts, Ferdinand Zehentreiter (Hg.), Berlin: Henschel, 2008, S. 155-164.
StevensH 1964
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Béla Bartók – IDs

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GND - Deutsche Nationalbibliothek
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LCNAF - Library of Congress
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VIAF - Virtual International Authority File
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Permanente URL im LexM
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Empfohlene Zitierweise
Peter Petersen: Béla Bartók, in: Lexikon verfolgter Musiker und Musikerinnen der NS-Zeit, Claudia Maurer Zenck, Peter Petersen (Hg.), Hamburg: Universität Hamburg, 2009 (https://www.lexm.uni-hamburg.de/object/lexm_lexmperson_00002543).

Peter Petersen (2009, aktualisiert am 27. Juni 2017)
https://www.lexm.uni-hamburg.de/object/lexm_lexmperson_00002543