Luise Rainer

Schauspielerin (1910-2014)

Martin Pesch (Bonn)

Luise Rainer (1910-2014), Autogrammkarte aus dem Jahr 1941.

Lui­se Rai­ner war ei­ne Thea­ter- und Film­schau­spie­le­rin, die 1927 ih­re Büh­nen­kar­rie­re am „Düs­sel­dor­fer Schau­spiel­haus“ be­gann und zu An­fang der 1930er Jah­re am Wie­ner Volks­thea­ter und in In­sze­nie­run­gen Max Rein­hardts (1873-1943) zur be­lieb­ten Jung­dar­stel­le­rin avan­cier­te. Nach dem Mit­wir­ken in zwei deutsch­spra­chi­gen Spiel­fil­men ge­hör­te sie zwi­schen Mit­te bis En­de der 1930er Jah­re zur schau­spie­le­ri­schen Eli­te Hol­ly­woods und konn­te als ers­te Frau den „Aca­de­my Awar­d“ (Os­car) als bes­te Haupt­dar­stel­le­rin in zwei auf­ein­an­der­fol­gen­den Jah­ren ge­win­nen. Nach­dem ih­re nur acht Fil­me wäh­ren­de Kar­rie­re bei „Me­tro-Gold­wyn-May­er“ in Fol­ge von Mei­nungs­ver­schie­den­hei­ten mit dem Stu­dio­chef 1939 en­de­te und der Ver­such ei­nes Come­backs beim „Pa­ra­moun­t“-Stu­dio 1943 miss­lang, kon­zen­trier­te sich die Mi­min wie­der auf die Thea­ter­ar­beit. 

Lui­se Rai­ner kam am 12.1.1910 als zwei­tes von drei Kin­dern des jü­di­schen Kauf­manns Hein­rich Rai­ner (1875-1956) und des­sen jü­di­scher Ehe­frau Emi­lie (1882-1961), ge­bo­re­ne Kö­nigs­ber­ger, in Düs­sel­dorf zur Welt. Der Va­ter war als Ju­gend­li­cher zu ei­nem On­kel nach Te­xas ge­zo­gen und sie­del­te spä­ter als er­folg­rei­cher Ge­schäfts­mann wie­der nach Deutsch­land über, wo er ab 1902 ein Im­port­ge­schäft in Düs­sel­dorf be­trieb. Sei­ne spä­te­re Ehe­frau Emi­lie stamm­te aus dem nie­der­rhei­ni­schen Kre­feld. Dort be­saß ihr aus Müns­ter (heu­te Ge­mein­de Sel­ters) stam­men­der Va­ter, Sieg­mund Kö­nigs­ber­ger (1851-1935), ei­ne ein­träg­li­che Sei­den­hand­lung.

Rai­ner wuchs die ers­ten Jah­re in Düs­sel­dorf auf, wo die gut si­tu­ier­te Kauf­manns­fa­mi­lie seit 1912 auf der Kö­nigs­al­lee wohn­te. Nach wei­te­ren Um­zü­gen sie­del­ten die Rai­ners zu Be­ginn der 1920er nach Ham­burg über. Dort ab­sol­vier­te die als ver­träumt, aber auch als auf­säs­sig gel­ten­de jun­ge Lui­se grö­ß­ten­teils ih­re schu­li­sche Lauf­bahn. Das El­tern­haus war, wie die Schau­spie­le­rin stets be­schrie­ben hat, durch den be­sitz­er­grei­fen­den und pa­tri­ar­cha­li­schen Cha­rak­ter des Va­ters ge­prägt, was in ihr den Drang ge­weckt ha­ben soll, aus die­ser so­zia­len En­ge aus­zu­bre­chen. Durch das Kla­vier­spiel der Mut­ter ent­wi­ckel­te sie ei­ne be­son­de­re Lie­be zur Mu­sik, die un­ter an­de­rem dar­in zum Aus­druck kam, dass die Schau­spie­le­rin noch in Hol­ly­wood­zei­ten zur Ein­stim­mung auf ei­ne Sze­ne klas­si­sche Mu­sik auf­leg­te.

 

Die Ent­schei­dung Schau­spie­le­rin zu wer­den, scheint Rai­ner nach dem Be­such ei­ner Auf­füh­rung von Kla­bunds (1890-1928) Stück „Der Krei­de­kreis“ um 1925 ge­trof­fen zu ha­ben. 1927 wur­de sie an der vom Ehe­paar Loui­se Du­mont un­d Gus­tav Lin­de­mann ge­führ­ten Düs­sel­dor­fer „Hoch­schu­le für Büh­nen­kunst“ an­ge­nom­men. Ihr De­büt am an­ge­glie­der­ten Schau­spiel­haus fei­er­te sie in der im Sep­tem­ber 1927 auf­ge­führ­ten Ko­mö­die „Die Schu­le von Uz­nach“ von Carl Stern­heim (1878-1942). Ent­ge­gen dem üb­li­chen Aus­bil­dungs­weg er­hielt Rai­ner auf­grund ih­res au­ßer­ge­wöhn­li­chen Ta­lents be­reits im März 1928 ei­nen Schau­spiel­ver­trag an dem Thea­ter, wo sie im Ok­to­ber des glei­chen Jah­res mit der Dar­stel­lung der Re­cha in Gott­hold Ephraim Les­sings (1729-1781) „Na­than der Wei­se“ in ei­ner grö­ße­ren Rol­le zu se­hen war. Be­reits in die­ser Zeit zeig­te sich Rai­ners emo­tio­nal-ex­pres­si­ver Schau­spiel­stil, für den sie spä­ter in Wien und Hol­ly­wood be­kannt war.

In den fol­gen­den Jah­ren wirk­te die Schau­spie­le­rin in Düs­sel­dorf so­wohl in Bou­le­vard- als auch in klas­si­schen und avant­gar­dis­ti­schen Stü­cken mit. Je­doch be­las­te­ten Rai­ners wie­der­hol­te Ver­ge­hen in Form von un­ent­schul­dig­tem Feh­len bei Pro­ben und im Un­ter­richt oder ver­spä­te­tes Ein­tref­fen vor Vor­stel­lungs­be­ginn das Ver­hält­nis zur In­ten­danz seit 1929 zu­se­hends, so­dass En­de 1930 die Auf­lö­sung ih­res Ver­trags in Er­wä­gung ge­zo­gen wur­de. Trotz er­neu­ter Pro­ble­me, her­vor­ge­ru­fen durch Geld­for­de­run­gen Rai­ners, blieb sie am Thea­ter an­ge­stellt und wur­de noch im Ju­li 1931 in ih­rem letz­ten Stück am Schau­spiel­haus, der Ko­mö­die „Das öf­fent­li­che Är­ger­nis“ von Franz Ar­nold (1878-1960), in ei­ner Haupt­rol­le be­setzt.

Szenenfoto aus 'Nathan der Weise', Inszenierung im Jahr 1928, das Foto zeigt Luise Rainer als 'Recha' und Wolfgang Langhoff (1901-1966) als 'Tempelherr'. (Theatermuseum der Landeshauptstadt Düsseldorf, TM_F71)

 

Im Som­mer 1931 er­hielt die Mi­min ein En­ga­ge­ment am Wie­ner Volks­thea­ter, wo sie be­reits am 12. Sep­tem­ber des Jah­res in Fritz von Un­ruhs (1885-1970) Ko­mö­die „Phae­a“ zu se­hen war. Rai­ner, die in den bei­den fol­gen­den Jah­ren am Thea­ter vor al­lem in zeit­ge­nös­si­schen Ko­mö­di­en und Dra­men mit­wirk­te, war in der Fol­ge­zeit zur be­lieb­ten Jung­dar­stel­le­rin auf­ge­stie­gen. Un­ter­des­sen hat­te sie im Ju­ni 1932 in der Pre­mie­re von Jac­ques De­vals (1890-1972) „Ma­de­moi­sel­le“ un­ter der Lei­tung des ös­ter­rei­chi­schen Star­re­gis­seurs Max Rein­hardt de­bü­tiert. Im fol­gen­den Mo­nat sam­mel­te sie durch ei­ne Ne­ben­rol­le in dem Spiel­film „Sehn­sucht 202“, ei­ner ro­man­ti­schen Ver­wech­se­lungs­ko­mö­die um zwei Frau­en und die bei­den Di­rek­to­ren ei­ner Par­füm­fir­ma, ers­te Er­fah­run­gen im Film­ge­schäft. 1933 folg­te mit Kurt Ger­rons (1897-1944) „Heu­te kommt’s drauf an“ ei­ne wei­te­re ro­man­ti­sche Ko­mö­die mit Hans Al­bers (1891-1960), in der sie erst­mals als Prot­ago­nis­tin agier­te. Die bei­den Fil­me fes­tig­ten Rai­ners Image als jun­ge Mu­se, das sie auch in Hol­ly­wood be­hielt.

Im März 1934 spiel­te Rai­ner er­neut un­ter Re­gie von Max Rein­hardt am Wie­ner „Thea­ter in der Jo­sef­stadt“ in Lu­i­gi Pi­ran­del­los (1867-1936) Ko­mö­die „Sechs Per­so­nen su­chen ei­nen Au­to­r“ und ging mit dem Stück an­schlie­ßend auf ei­ne eu­ro­pa­wei­te Tour­nee. Um die­se Zeit wur­de Rai­ner bei ei­ner Thea­ter­auf­füh­rung von ei­nem Ta­lents­cout des „Me­tro-Gold­wyn-May­er“-Stu­di­os ent­deckt, der sich auf der Su­che nach neu­en Dar­stel­lern für „MGM“ be­fand. Noch im Som­mer schloss die­ser mit der Schau­spie­le­rin, die dann im Ja­nu­ar 1935 per Schiff in den Ver­ei­nig­ten Staa­ten an­ge­lang­te, ei­nen Ver­trag ab. Bei „MGM“ be­müh­te man sich zu­nächst um die Ver­bes­se­rung ih­rer Eng­lisch­kennt­nis­se so­wie um ei­ne Image­ge­stal­tung und brach­te sie in ei­nem Haus am San­ta Mo­ni­ca Can­yon in Los An­ge­les un­ter. Auf­grund der ak­tu­el­len po­li­ti­schen La­ge in Deutsch­land prä­sen­tier­te das Stu­dio die Dar­stel­le­rin der Öf­fent­lich­keit als Ös­ter­rei­che­rin, wor­aus sich ihr spä­te­rer Bei­na­me „The Vi­en­nese Teardrop“ (Die Wie­ner Trä­ne) er­klä­ren lässt.  

Nach Aus­schei­den des be­rühm­ten Hol­ly­wood-Stars Myr­na Loy (1905-1993) über­nahm Rai­ner be­reits im Früh­jahr 1935 de­ren Rol­le der Wie­ne­rin Leo­pol­di­ne Dur in Ro­bert Z. Leo­nards (1889-1968) ro­man­ti­scher His­to­ri­en-Ko­mö­die „Sei­ten­sprun­g“ mit Wil­liam Powell (1892-1984). Im Som­mer wur­de die Schau­spie­le­rin dann für Leo­nards nächs­ten Film „Der gro­ße Zieg­fel­d“ be­setzt, der ihr im März 1937 den Os­car für die bes­te weib­li­che Haupt­rol­le ein­brach­te. Rai­ner spiel­te in der zwei Mil­lio­nen Dol­lar teu­ren Mu­si­cal-Ko­mö­die, die das Le­ben des Film­pro­du­zen­ten Flo­renz Zieg­feld (1867-1932) nach­zeich­ne­te, des­sen lang­jäh­ri­ge Freun­din und Schau­spie­le­rin An­na Held (1873-1918), die von Zieg­feld zu­guns­ten der Schau­spie­le­rin Bil­lie Bur­ke (1884-1970) ver­las­sen wur­de. Der Film be­deu­te­te für Rai­ner den end­gül­ti­gen Durch­bruch in Hol­ly­wood und rück­te sie in ei­ne Rei­he mit Stars wie Gre­ta Gar­bo (1905-1990). Be­reits im Herbst 1936 hat­te sie mit der Li­te­ra­tur­ver­fil­mung von Pearl S. Buck (1892-1973) „Die gu­te Er­de“ ih­re drit­te MGM-Pro­duk­ti­on ab­ge­dreht. In dem Film ver­kör­per­te sie die chi­ne­si­sche Bäue­rin O-Lan, die mit ih­rer Fa­mi­lie durch ei­ne Hun­gers­not zu ei­nem Le­ben in der Stadt ge­nö­tigt wird, de­ren Rück­kehr und wirt­schaft­li­cher Wie­der­auf­stieg auf dem Land in Fol­ge der Re­vo­lu­ti­on je­doch ge­lingt, wo die Haupt­fi­gur er­neut um den Zu­sam­men­halt ih­rer Fa­mi­lie kämp­fen muss. Die Dar­stel­lung be­scher­te Rai­ner 1938 er­neut den Os­car für die bes­te weib­li­che Haupt­rol­le, wo­mit ihr als ers­ter Frau der auf­ein­an­der­fol­gen­de Ge­winn der Aus­zeich­nung ge­lang.

Am 8.1.1937 hei­ra­te­te die Schau­spie­le­rin den us-ame­ri­ka­ni­schen kom­mu­nis­ti­schen Büh­nen- und Dreh­buch­schrei­ber Clif­ford Odets (1906-1963), den sie im Vor­jahr ken­nen­ge­lernt hat­te. Be­reits nach kur­zer Zeit kam es zu wie­der­hol­ten Aus­ein­an­der­set­zun­gen zwi­schen dem Ehe­paar. Ver­kom­pli­ziert wur­de die Be­zie­hung noch da­durch, dass Odets auf­grund sei­nes Thea­ter­en­ga­ge­ments die meis­te Zeit in New York ver­brach­te, wäh­rend Rai­ner, die nun im­mer mehr die Schein­welt und Kom­mer­zia­li­tät der Film­me­tro­po­le ab­lehn­te und ei­ne Rück­kehr an die Büh­ne wünsch­te, wei­ter­hin in Los An­ge­les leb­te. Die fol­gen­den Be­set­zun­gen in seich­ten Ro­man­zen, zu de­ren Dreh die Mi­min ge­mäß der da­mals üb­li­chen Stu­dio­ver­trä­ge ver­pflich­tet war, tru­gen wei­ter da­zu bei, dass Rai­ner, die sich als Schau­spie­le­rin mit künst­le­ri­schem An­spruch ver­stand, mit ih­ren Rol­len ha­der­te und die Ar­beit am Set mit ihr schwie­ri­ger wur­de. Ei­ne Schwan­ger­schaft im Jahr 1938 brach Rai­ner in dem Glau­ben ab, dass Odets das Kind nicht woll­te. Im No­vem­ber des Jah­res wur­de Rai­ner nach Ab­le­gung der ent­spre­chen­den Prü­fun­gen us-ame­ri­ka­ni­sche Staats­bür­ge­rin. Die wie­der­hol­ten Be­zie­hungs­kri­sen mit Odets führ­ten da­zu, dass sie im Ju­ni 1938 die Schei­dung ein­reich­te, wel­che je­doch erst am 14.5.1940 voll­zo­gen wur­de, nach­dem der Au­tor zu­vor ein Ver­hält­nis be­gon­nen hat­te.

Rai­ners Un­zu­frie­den­heit mit den von ihr zu spie­len­den Rol­len bil­de­te schlie­ß­lich im Jahr 1939 die Ur­sa­che für den Streit mit Louis B. May­er (1885-1957), der zur Auf­lö­sung des Ver­trags mit „MGM“ führ­te und ih­re Film­kar­rie­re bis auf drei Aus­nah­men be­en­de­te. Gleich­falls leb­te Rai­ner, die sich mit Odets En­de 1938 noch­mals aus­ge­söhnt hat­te, seit 1939 end­gül­tig von ih­rem Ehe­mann ge­trennt, wor­un­ter sie noch die fol­gen­den Jah­re zu lei­den hat­te. In Fol­ge der Tren­nung von „MGM“ wid­me­te sich Rai­ner wie­der dem Thea­ter. Nach Mit­wir­ken in Jac­ques De­vals „Be­hold the bri­de“ im Mai 1939 in Lon­don und Man­ches­ter, war sie im Früh­jahr 1940 zu­guns­ten des „Eu­ropean War Re­li­e­f“ des Ro­ten Kreu­zes in Ge­or­ge Ber­nard Shaws (1856-1950) „Jo­han­na von Or­lean­s“ auf­ge­tre­ten. Rai­ner, die be­reits seit En­de der 1930er Jah­re als Un­ter­stüt­ze­rin der „Hol­ly­wood An­ti-Na­zi Le­ague“ agier­te und ne­ben Er­nest He­ming­way (1899-1961) die re­pu­bli­ka­ni­sche Par­tei im Spa­ni­schen Bür­ger­krieg un­ter­stützt hat­te, pfleg­te in die­ser Zeit Kon­takt zu ver­schie­de­nen po­li­tisch links­ge­rich­te­ten Or­ga­ni­sa­tio­nen und Per­so­nen. Dies brach­te sie ins Vi­sier des Hou­se of Un-Ame­ri­can Ac­tivi­ties Com­mit­tee, das un­ter an­de­rem sub­ver­si­ve kom­mu­nis­ti­sche Ak­ti­vi­tä­ten ver­folg­te.

In der Zeit des Zwei­ten Welt­kriegs setz­te sich Rai­ner wie­der­holt für den ame­ri­ka­ni­schen War Ef­fort ein.  So war sie 1940 mit Eleo­no­re Roo­se­velt an der Grün­dung des U.S. Com­mit­tee for the Ca­re of Eu­ropean Child­ren be­tei­ligt, das die Auf­nah­me von durch den Bom­ben­krieg ge­fähr­de­ten Kin­dern aus Eng­land und deutsch-jü­di­schen Flücht­lings­kin­dern or­ga­ni­sier­te. En­de 1943 un­ter­nahm Rai­ner für die „United Ser­vice Or­ga­niza­t­i­ons“ ei­ne mehr­mo­na­ti­ge Rei­se zur Un­ter­hal­tung von US-Trup­pen in Afri­ka und Ita­li­en.  

Kurz zu­vor hat­te sie dem im Exil be­find­li­chen Ber­tolt Brecht (1898-1956) ei­nen Auf­trag zur An­fer­ti­gung ei­nes Thea­ter­stücks für den New Yor­ker Broad­way ver­mit­telt, aus dem der „Kau­ka­si­sche Krei­de­kreis“ ent­stand. Brecht hat­te für Rai­ner, die in dem Stück die Haupt­rol­le spie­len soll­te, die Fi­gur der Gru­scha ent­wi­ckelt. Je­doch zer­brach die Zu­sam­men­ar­beit we­nig spä­ter. Rai­ners im Som­mer 1943 ver­such­tes Come­back in dem vom „Pa­ra­moun­t“-Film­stu­dio pro­du­zier­ten Kriegs­dra­mas „Hos­ta­ge­s“ schei­ter­te in­des­sen an den Kri­ti­kern und beim Pu­bli­kum.

Am 12.7.1945 hei­ra­te­te Rai­ner den in New York an­säs­si­gen Schwei­zer Ver­le­ger Ro­bert Knit­tel, mit dem sie bis zu sei­nem Tod im Jahr 1989 zu­sam­men­blieb. Im Ju­ni des fol­gen­den Jah­res kam die ge­mein­sa­me Toch­ter Fran­ce­sca zur Welt, die sich be­ruf­lich spä­ter un­ter an­de­rem als Schau­spie­le­rin, Schrift­stel­le­rin und Kunst­his­to­ri­ke­rin be­tä­tig­te.  

Zwi­schen 1947 und 1954 war Rai­ner mehr­fach an US-ame­ri­ka­ni­schen Büh­nen als Jo­han­na von Or­leans in Max­well An­der­sons (1888-19959) „Jo­an of Lor­rai­ne“ zu­se­hen. 1949 trat sie in Cam­bridge (Mas­sa­chu­setts) in An­ton Tsche­chows (1860-1904) „Die Mö­we“ auf, in des­sen Fern­seh­pro­duk­ti­on des „BBC Sun­day-Night Thea­t­re“ sie im fol­gen­den Jahr eben­falls mit­spiel­te. Nach­dem die Schau­spie­le­rin in den 1950er Jah­ren in ver­ein­zel­ten ame­ri­ka­ni­schen Fern­seh­se­ri­en mit­ge­wirkt hat­te, war sie da­nach nur noch sel­ten in TV-Pro­duk­tio­nen zu se­hen, wie zum Bei­spiel 1965 in ei­ner Fol­ge des Zwei­ten Welt­kriegs­dra­mas „Com­ba­t“ oder 1984 in der ro­man­ti­schen Kreuz­fahrt-Se­rie „Love Boat“. 1959 hat­te sich für Rai­ner in­des­sen die Mög­lich­keit ei­nes er­neu­ten Lein­wand­come­backs er­öff­net, als sie in Rom Fe­de­ri­co Fel­li­ni (1920-1993) ken­nen­lern­te, der die Schau­spie­le­rin in sei­nem neu­en Film „La Dol­ce Vi­ta“ be­set­zen woll­te. Die Zu­sam­men­ar­beit mit dem Re­gis­seur schei­ter­te letzt­lich dar­an, dass Rai­ner wie­der­holt ver­such­te, die für sie vor­ge­se­he­ne Rol­le um­zu­schrei­ben, so­dass Fel­li­ni den Part der Mi­min wäh­rend der Dreh­ar­bei­ten 1960 kur­zer­hand aus dem Dreh­buch strich. Im glei­chen Jahr ge­hör­te die Schau­spie­le­rin zu den ers­ten dar­stel­len­den Künst­lern, die mit ei­nem Stern in der Ka­te­go­rie „Fil­m“ auf dem neu an­ge­leg­ten „Hol­ly­wood Walk of Fa­me“ ge­ehrt wur­den.

In Lil­li­an Hell­mans (1905-1984) Dra­ma „Die klei­nen Füch­se“ war Rai­ner 1963 erst­mals seit 1934 wie­der im Wie­ner „Thea­ter in der Jo­sef­stadt“ auf­ge­tre­ten. Ne­ben der Büh­nen­ar­beit wid­me­te sie sich in Fol­ge ei­nes Kunst­stu­di­ums am Lon­do­ner „Cam­den In­sti­tu­te“ ab den 1960er Jah­ren der Ma­le­rei. 1978 wur­den ih­re Bil­der in der eng­li­schen Haupt­stadt in ei­ner Ga­le­rie und bei ei­ner Grup­pen­aus­stel­lung der Deut­schen Bot­schaft ge­zeigt.

Im Rah­men ei­ner US-Büh­nen­tour­nee trat Rai­ner 1981 als Er­zäh­le­rin des me­lo­dra­ma­ti­schen Epos „Enoch Ar­den“ auf, wel­ches sie 1982 noch­mals in New York vor­trug. Im glei­chen Jahr wur­de sie dort für ih­re Ver­diens­te um die Film­kunst mit dem „Ge­or­ge East­mann Awar­d“ aus­ge­zeich­net. 1985 er­hielt sie von der deut­schen Re­gie­rung das Bun­des­ver­dienst­kreuz Ers­ter Klas­se. 

Das Ehe­paar Rai­ner und Knit­tel hat­te ab Be­ginn der 1950er Jah­re in Lon­don ge­wohnt. 1979 war man ins schwei­ze­ri­sche Vi­co Mor­cote ge­zo­gen, wo das Paar bis zu Knit­tels Tod im Jahr 1989 leb­te. Da­nach war die Schau­spie­le­rin zu­rück nach Lon­don ge­zo­gen. 1997 gab sie 54 Jah­re nach „Hos­ta­ge­s“ ihr Lein­wand­come­back in dem bio­gra­phi­schen Dra­ma „Dunk­le Ta­ge in Sankt Pe­ters­bur­g“ um den rus­si­schen Schrift­stel­ler Fjo­dor Dos­to­je­w­ski (1821-1881).

War Rai­ner bei der Ver­lei­hung der „Aca­de­my Award­s“ be­reits 1953 und 1983 als Prä­sen­ta­to­rin für den bes­ten aus­län­di­schen Film auf­ge­tre­ten, nahm sie 1998 an­läss­lich der Re­tro­spek­ti­ve der 70-jäh­ri­gen Ge­schich­te der Aus­zeich­nung an der Ze­re­mo­nie teil. Eben­so war die Schau­spie­le­rin zum 75. Ge­burts­tag der Awards im Jahr 2003 zu­ge­gen. Im glei­chen Jahr hat­te Rai­ner im Al­ter von 92 Jah­ren ih­ren letz­ten Lein­wand­auf­tritt in der deutsch-ame­ri­ka­ni­schen epi­so­di­schen Ly­rik-Ver­fil­mung „Po­em – Ich set­ze den Fuß in die Luft und sie tru­g“. 

An­läss­lich ih­res 100. Ge­burts­tags im Jahr 2010 rück­te die vor al­lem in Deutsch­land seit Jahr­zehn­ten weit­ge­hend ver­ges­se­ne Dar­stel­le­rin wie­der ins öf­fent­li­che In­ter­es­se. Ne­ben „Tur­ner Clas­sic Mo­vies“ zeig­ten in den nach­fol­gen­den Mo­na­ten ver­schie­de­ne ame­ri­ka­ni­sche und bri­ti­sche Film­fes­ti­vals Rai­ners Os­car prä­mier­te Fil­me. Zu­dem wur­den zahl­rei­che In­ter­views mit der Schau­spie­le­rin ver­öf­fent­licht und von „War­ner Bro­ther­s“ ei­ne Lui­se Rai­ner DVD-Collec­tion auf dem us-ame­ri­ka­ni­schen Markt her­aus­ge­ge­ben. Im Sep­tem­ber 2011 wur­de die Schau­spie­le­rin in ih­rem Bei­sein mit ei­nem Stern auf dem „Bou­le­vard der Star­s“ in Ber­lin ge­ehrt. Eben­so wür­dig­te ih­re Ge­burts­stadt Düs­sel­dorf sie mit ei­nem Stern, der im Ju­li 2013 vor dem Film­mu­se­um der Lan­des­haupt­stadt ent­hüllt wur­de. Am 30.12.2014 starb Lui­se Rai­ner in ih­rer Lon­do­ner Woh­nung an den Fol­gen ei­ner Lun­gen­ent­zün­dung.

2017 wur­de in ih­rer Ge­burts­stadt Düs­sel­dorf ei­ne Stra­ße nach ihr be­nannt. 

Filmographie

1932 - Sehn­sucht 202
1933 - Heut kommt’s drauf an
1935 - Sei­ten­sprung
1936 - Der gro­ße Zieg­feld
1937 - Die gu­te Er­de
1937 - Fi­na­le in St. Pe­ters­burg
1937 - Big Ci­ty
1938 - The Toy Wi­fe
1938 - Der gro­ße Wal­zer
1938 - Dra­ma­tic School
1943 - Hos­ta­ges
1997 - Dunk­le Ta­ge in Sankt Pe­ters­burg
2003 - Po­em – Ich set­ze den Fuß in die Luft und sie tru­g 

Literatur

Pro­kas­ky, Ju­dith, Lui­se Rai­ner. Aus­druck und An­spruch. Er­schei­nungs­bil­der ei­ner Schau­spie­le­rin, in: Film­blatt 12, Heft 33 (2007), S. 4–18.
Pro­kas­ky, Ju­dith, Zu deutsch für Hol­ly­wood? Die Schau­spie­le­rin Lui­se Rai­ner, in: Hei­mat und Exil. Emi­gra­ti­on der deut­schen Ju­den nach 1933, Frank­furt am Main 2006, S. 212–217.

Luise Rainer in den 1930er Jahren.

 
Zitationshinweis

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Pesch, Martin, Luise Rainer, in: Internetportal Rheinische Geschichte, abgerufen unter: https://www.rheinische-geschichte.lvr.de/Persoenlichkeiten/luise-rainer/DE-2086/lido/5b3dd888820d91.89539085 (abgerufen am 27.04.2024)