Helene Weber

Politikerin (1881-1962)

Agathe Bernier-Monod (Paris)

Porträtfoto Helene Weber, undatiert. (Stiftung Haus der Geschichte)

Schlagworte

In Bun­des­tags­sit­zun­gen hat­te sie im­mer Scho­ko­la­de für Kon­rad Ade­nau­er in der Ta­sche. He­le­ne We­ber war ei­ne der pro­mi­nen­tes­ten Frau­en der Zen­trums­par­tei und der Nach­kriegs-CDU. Da­mit war sie ei­ne Aus­nah­me­frau in „männ­li­chen Par­tei­en mit ei­ner über­wie­gend weib­li­chen Wäh­ler­schaf­t“ (Frank Bösch). Sie ge­hör­te zur ers­ten Ge­ne­ra­ti­on ge­wähl­ter Po­li­ti­ke­rin­nen in Deutsch­land. Im Lau­fe ih­rer lan­gen po­li­ti­schen Kar­rie­re war sie Mit­glied der Wei­ma­rer Na­tio­nal­ver­samm­lung, des Preu­ßi­schen Land­tags, des Reichs­tags, des Land­tags von Nord­rhein-West­fa­len, des Par­la­men­ta­ri­schen Rats und des Deut­schen Bun­des­tags. Ihr frau­en­recht­li­ches und po­li­ti­sches En­ga­ge­ment reicht vom En­de des Kai­ser­reichs bis in die frü­hen 1960er Jah­re.

He­le­ne We­ber wur­de am 17.3.1881 in El­ber­feld (heu­te Stadt Wup­per­tal) ge­bo­ren. Ihr Va­ter Wil­helm We­ber (1851-1922) war Volks­schul­leh­rer und Vor­sit­zen­der der ört­li­chen Zen­trums­par­tei, die Mut­ter Agnes Chris­tia­ne van Gent war ei­ne ge­bür­ti­ge Nie­der­län­de­rin. Die jun­ge He­le­ne wuchs als zwei­tes von sechs Kin­dern in ei­nem ka­tho­li­schen, po­li­tisch en­ga­gier­ten und welt­of­fe­nen Haus auf. Nach dem Be­such der Hö­he­ren Mäd­chen­schu­le trat sie in die Fuß­stap­fen ih­res Va­ters und be­such­te 1897-1900 das Leh­re­rin­nen­se­mi­nar in Aa­chen. Nach dem Ex­amen 1900 war sie ei­ni­ge Jah­re als Volks­schul­leh­re­rin in Haa­ren (heu­te Stadt Aa­chen) und El­ber­feld tä­tig. Der Kon­takt mit ih­ren Schü­le­rin­nen mach­te sie ver­traut mit der Not der Tex­til­ar­bei­ter­fa­mi­li­en und er­weck­te ihr In­ter­es­se für die so­zia­le Fra­ge. Nach Zu­las­sung des Frau­en­stu­di­ums stu­dier­te sie 1905-1909 in Bonn und Gre­no­ble Ro­ma­nis­tik, Ge­schich­te und So­zi­al­po­li­tik. 1909-1911 un­ter­rich­te­te sie als Stu­di­en­rä­tin am Städ­ti­schen Ly­ze­um/Ober­ly­ze­um in Bo­chum so­wie 1911-1916 an der Kai­se­rin-Au­gus­ta-Schu­le in Köln. Ih­re Schü­le­rin­nen be­hiel­ten He­le­ne We­ber in gu­ter Er­in­ne­rung und lob­ten die Art und Wei­se, wie sie durch Le­sen der in­ter­na­tio­na­len Pres­se ih­ren Ge­schichts­un­ter­richt mit Le­ben füll­te.

1912 schloss sich We­ber dem „Ka­tho­li­schen Deut­schen Frau­en­bun­d“ (KDFB) an. Im Ers­ten Krieg be­stand ih­re Tä­tig­keit dar­in, die Not durch­rei­sen­der Sol­da­ten, Hin­ter­blie­be­ner und Rüs­tungs­ar­bei­te­rin­nen zu lin­dern. 1916 in­ten­si­vier­te sie ihr so­zia­les En­ga­ge­ment, in­dem sie den Schul­dienst ver­ließ und Lei­te­rin der ers­ten So­zia­len Frau­en­schu­le des KDFB in Köln wur­de. Ab 1919 lei­te­te sie den „Ver­ein ka­tho­li­scher So­zi­al­be­am­tin­nen Deutsch­land­s“ (KDFB) so­wie den Reichs­frau­en­aus­schuss der Zen­trums­par­tei. Ihr ver­band­li­ches En­ga­ge­ment in der ka­tho­li­schen Frau­en­be­we­gung öff­ne­te ihr bald die Tü­ren zu ei­ner po­li­ti­schen Kar­rie­re.

Auf­grund der en­gen Ver­flech­tung zwi­schen ka­tho­li­schem Ver­eins­we­sen und Zen­trums­par­tei ge­lang es He­le­ne We­ber 1919, als Kan­di­da­tin für die Wei­ma­rer Na­tio­nal­ver­samm­lung auf­ge­stellt zu wer­den (Wahl­kreis Düs­sel­dorf). Nach ih­rer Wahl trat sie mit 38 Jah­ren als jüngs­te Frau in die ver­fas­sung­ge­ben­de Na­tio­nal­ver­samm­lung ein und ar­bei­te­te vor­wie­gend an den Ar­ti­keln be­züg­lich Grund­rech­te und Kul­tur mit. Der Par­la­ments­ar­beit ge­gen­über heg­te sie zu­nächst ge­misch­te Ge­füh­le und be­klag­te sich über lang­wei­li­ge, nicht en­den wol­len­de Ple­nar­sit­zun­gen. 1920 ge­lang es ihr auf­grund ei­nes un­güns­ti­gen Plat­zes auf der Wahl­lis­te nicht, in den ers­ten Reichs­tag  ge­wählt zu wer­den. Von 1921 bis 1924 saß sie im Preu­ßi­schen Land­tag, be­vor sie 1924 in den Reichs­tag ge­wählt wur­de. Dort war sie bis 1933 Ver­tre­te­rin des Wahl­krei­ses Düs­sel­dorf-Ost.

Wie die meis­ten Par­la­men­ta­rie­rin­nen ih­rer Ge­ne­ra­ti­on war We­ber un­ver­hei­ra­tet und hielt Po­li­tik für ih­re ein­zi­ge Be­ru­fung. Sie war, be­reit, die­ser ihr gan­zes Le­ben und all ih­re En­er­gie zu wid­men. Bald be­klei­de­te sie ho­he Funk­tio­nen in der Zen­trums­par­tei. 1927-1933 ge­hör­te sie dem Vor­stand der Reichs­tags­frak­ti­on an, 1930-1933 war sie Mit­glied im Reichs­vor­stand, seit 1925 au­ßer­dem stell­ver­tre­ten­de Vor­sit­zen­de der Par­tei. Zu­sam­men mit Chris­ti­ne Teusch war sie ei­ne der be­kann­tes­ten Zen­trums­frau­en. In­ner­halb der Par­tei stand sie der so­zia­len Rich­tung ei­nes Adam Ste­ger­wald (1874-1945) na­he. Ihr Ver­ständ­nis der Po­li­tik als Ver­tei­di­gung der mo­ra­li­schen Wer­te führ­te sie zu­dem da­zu, ihr In­ter­es­se vor­nehm­lich auf So­zi­al­po­li­tik, Bil­dung und Kul­tur zu len­ken. Im Reichs­tag warb sie für Mäd­chen­er­zie­hung und Pro­fes­sio­na­li­sie­rung der so­zia­len Ar­beit. Sie war auch be­tei­ligt an den Ge­set­zen zu Schund- und Schmutz (1926) und zur Be­kämp­fung von Ge­schlechts­krank­hei­ten (1927).

We­bers po­li­ti­sche Tä­tig­keit be­schränk­te sich je­doch nicht auf das par­la­men­ta­ri­sche Feld. 1919 wur­de sie als Re­fe­ren­tin in das Preu­ßi­sche Wohl­fahrts­mi­nis­te­ri­um un­ter Adam Ste­ger­wald be­ru­fen und stand 1921-1933 als Mi­nis­te­ri­al­rä­tin an der Spit­ze des De­zer­nats für So­zia­le Aus­bil­dung und Ju­gend­fra­gen. Da­mit war sie die ers­te Frau in Preu­ßen, die ein solch ho­hes Am­t  in­ne­hat­te. 1923 trat sie als preu­ßi­sche Ab­ge­ord­ne­te und Mi­nis­te­ri­al­rä­tin ei­ne 6-wö­chi­ge Ame­ri­ka­rei­se an. In zahl­rei­chen Städ­ten an der Ost­küs­te von New York bis Chi­ca­go be­müh­te sie sich bei der deut­schen Min­der­heit um fi­nan­zi­el­le Hil­fe für Deutsch­land, das sich in ei­ner aku­ten Wirt­schafts­kri­se be­fand. Par­al­lel zu ih­rer par­la­men­ta­ri­schen und mi­nis­te­ri­el­len Ar­beit setz­te We­ber ihr En­ga­ge­ment in der Frau­en- und Frie­dens­be­we­gung fort und be­tei­lig­te sich an in­ter­na­tio­na­len Ta­gun­gen in Eu­ro­pa.

Am 23.3.1933 war sie im Reichs­tag an der Ab­stim­mung des „Er­mäch­ti­gungs­ge­set­zes“ be­tei­ligt. Bei der Vor­wahl in­ner­halb der Zen­trums­frak­ti­on ent­schied sie sich – mit et­wa zwölf an­de­ren Zen­trums­ab­ge­ord­ne­ten wie Adam Ste­ger­wald, Hein­rich Brü­ning (1885-1970) oder Jo­seph Wirth (1879-1956) – für ei­ne Ab­leh­nung des Ge­set­zes. Den­noch stimm­te sie schlie­ß­lich im Reichs­tag dem Ge­setz zu. Bei der fol­gen­den Gleich­schal­tung von Staat und Ge­sell­schaft wur­de ihr be­wusst, dass vie­le ih­rer Mit­ar­bei­ter im Mi­nis­te­ri­um SA-, SS- oder Ge­sta­po-Mit­glie­der wa­ren. Im Ok­to­ber 1933 wur­de sie ge­mäß Ar­ti­kel 4 des „Ge­set­zes für die Wie­der­her­stel­lung des Be­rufs­be­am­ten­tums“ vom 7.4.1933 we­gen „po­li­ti­scher Un­zu­ver­läs­sig­keit“ aus dem Mi­nis­te­ri­um ent­las­sen.

Die NS-Zeit mar­kier­te für sie ei­ne Zeit der „in­ne­ren Emi­gra­ti­on“, in der sie auf die fi­nan­zi­el­le Hil­fe ih­rer Fa­mi­lie an­ge­wie­sen war. Als Vor­sit­zen­de des Ber­li­ner „Für­sor­ge­ver­ein­s“ blieb sie in der Haupt­stadt. Sie setz­te auch ih­re Ak­ti­vi­tät als Lei­te­rin des „Ver­eins ka­tho­li­scher deut­scher So­zi­al­be­am­tin­nen“ (VKS) fort, der sich 1933 in „Hed­wig-Bun­d“ um­be­nannt hat­te. Da­mit hielt sie Kon­tak­te zum ka­tho­lisch-de­mo­kra­ti­schen Mi­lieu auf­recht. So bo­ten die vom „Hed­wig-Bun­d“ ver­an­stal­te­ten Pil­ger­schaf­ten Ge­le­gen­heit für Zu­sam­men­künf­te un­ter Gleich­ge­sinn­ten. Zeit­gleich pfleg­te We­ber Ver­bin­dun­gen zu den ka­tho­li­schen Wi­der­stands­kämp­fern Bern­hard Let­ter­haus und Ja­kob Kai­ser (1888-1961), wel­che in die Vor­be­rei­tung des At­ten­tats vom 20. Ju­li 1944 ein­be­zo­gen wa­ren. We­ber dien­te als Nach­rich­ten­ver­mitt­le­rin und stell­te ih­re Ber­li­ner Woh­nung für Tref­fen zur Ver­fü­gung. Nach der Zer­stö­rung ih­res Hau­ses im Bom­ben­krieg 1944 zog sie nach Mar­burg zu ih­rer Schwes­ter. Dort wur­de sie nach Stauf­fen­bergs ge­schei­ter­tem Ver­such von Ge­sta­po-An­ge­hö­ri­gen ge­warnt, dass ih­re Ver­haf­tung kurz be­vor­ste­he; so konn­te sie recht­zei­tig ver­rei­sen.

 

Im Nach­hin­ein zeig­te He­le­ne We­ber ein re­li­giö­ses Ver­ständ­nis der NS-Zeit und be­zeich­ne­te sie als ei­ne „Zeit der Be­wäh­run­g“. Die Vor­herr­schaft von Li­be­ra­lis­mus  und Ma­te­ria­lis­mus ha­be die Men­schen von Gott ent­fernt und zur Selbst­ver­got­tung ge­führt. Die Ver­brei­tung christ­li­cher Wer­te in Ge­sell­schaft und Po­li­tik sol­le ei­ne neue, so­li­de Grund­la­ge für ei­ne hu­ma­nis­ti­sche De­mo­kra­tie an­bie­ten. Zu­dem ha­be der „rei­ne Män­ner­staa­t“, der Frau­en aus der po­li­ti­schen Sphä­re aus­ge­schlos­sen hat­te, „die Zer­stö­rung der Völ­ker“ aus­ge­löst, so We­ber am 2.12.1949 vor dem Ple­num des Deut­schen Bun­des­tags. Weib­li­che Par­ti­zi­pa­ti­on an Staat und Po­li­tik soll­te jeg­li­cher Rück­kehr der Ge­walt vor­beu­gen.

In der Nach­kriegs­zeit ließ sich We­ber in Es­sen nie­der, wo sie den „Be­rufs­ver­band ka­tho­li­scher Für­sor­ge­rin­nen“ neu­grün­de­te und sich an der CDU-Grün­dung be­tei­lig­te. Als be­gehr­te Wahl­red­ne­rin soll­te sie in den ers­ten Jah­ren der Bun­des­re­pu­blik für die Par­tei die Stim­men der Ka­tho­li­kin­nen ge­win­nen, wel­che die Stamm­wäh­ler­schaft der CDU bil­de­ten. Zu­dem for­der­te sie jün­ge­re Frau­en da­zu auf, sich in der Po­li­tik zu en­ga­gie­ren. 1946-1947 saß We­ber im Nord­rhein-West­fä­li­schen Land­tag, 1947-1948 im Zo­nen­bei­rat der bri­ti­schen Be­sat­zungs­zo­ne, 1948-1949 war sie Mit­glied und Schrift­füh­re­rin des Par­la­men­ta­ri­schen Rats. Zum zwei­ten Mal durf­te sie an ei­ner Ver­fas­sung mit­wir­ken. Mit dem So­zi­al­de­mo­kra­ten Paul Lö­be (1875-1967) war sie die ein­zi­ge De­le­gier­te, die an bei­den deut­schen de­mo­kra­ti­schen Ver­fas­sun­gen mit­ge­wirkt hat. Zu­dem ge­hör­te We­ber zu den „Müt­tern des Grund­ge­set­zes“, das hei­ßt zu den vier Frau­en, die ne­ben 61 Män­nern in das ver­fas­sungs­ge­ben­de Gre­mi­um ge­wählt wor­den wa­ren. Da­bei ge­riet sie in Kon­flikt mit der So­zi­al­de­mo­kra­tin Eli­sa­beth Sel­bert (1896-1986), wel­che den Gleich­be­rech­ti­gungs­ar­ti­kel er­folg­reich durch­set­zen konn­te. He­le­ne We­ber sprach sich al­ler­dings ge­gen Sel­berts For­mu­lie­rung „Frau­en und Män­ner sind gleich­be­rech­tig­t“ aus. Sie be­fürch­te­te, dass die An­er­ken­nung der Gleich­be­rech­ti­gung die weib­li­che Be­son­der­heit ge­fähr­de. Im Vor­feld der Ver­hand­lun­gen hat­te We­ber die In­itia­ti­ve er­grif­fen, den Ver­tre­ter des Epis­ko­pats beim Par­la­men­ta­ri­schen Rat, Prä­la­t Wil­helm Böh­ler, nach den „Wün­schen der kirch­li­chen Stel­len für das Ver­fas­sungs­sta­tu­t“ zu fra­gen. An­schlie­ßend wur­de sie zur Ver­mitt­le­rin ka­tho­li­scher For­de­run­gen, wie zum Bei­spiel der ver­fas­sungs­recht­li­chen Ver­an­ke­rung des El­tern­rechts, ei­ne kon­fes­sio­nel­le oder öf­fent­li­che Schu­le für ih­re Kin­der zu wäh­len. Erst in der Zeit des Par­la­men­ta­ri­schen Ra­tes be­schloss sie, ih­re par­la­men­ta­ri­sche Tä­tig­keit wie­der­auf­zu­neh­men und für den Bun­des­tag  zu kan­di­die­ren.

Von 1949 bis zu ih­rem To­de 1962 ge­hör­te We­ber dem Deut­schen Bun­des­tag an, zu­nächst als Ver­tre­te­rin des Wahl­krei­ses Aa­chen-Stadt, dann zog sie über die NRW-Lan­des­lis­te in das Par­la­ment ein. Trotz des brei­ten Spek­trums ih­rer Ar­beits­fel­der lag der Schwer­punkt ih­res En­ga­ge­ments wie frü­her im Reichs­tag auf So­zi­al­po­li­tik, Frau­en- und Fa­mi­li­en­recht so­wie auf Ju­gend­schutz. Als Vor­sit­zen­de des CDU-Frau­en­aus­schus­ses und en­ge Ver­trau­te von Bun­des­kanz­ler Kon­rad Ade­nau­er war He­le­ne We­ber die ein­fluss­reichs­te Frau der Nach­kriegs-CDU und wur­de von ih­ren Kol­le­gin­nen ge­fürch­tet. 1961 ge­lang es ihr, Ade­nau­er zu über­re­den, zum ers­ten Mal ei­ner Frau ein Bun­des­mi­nis­te­ri­um an­zu­ver­trau­en. So wur­de Eli­sa­beth Schwarz­haupt (1901-1986) an die Spit­ze des neu ge­schaf­fe­nen Ge­sund­heits­mi­nis­te­ri­ums be­ru­fen. We­ber plä­dier­te eben­falls für Lohn­gleich­heit. Den­noch ver­trat sie ei­ne tra­di­tio­nel­le Auf­fas­sung der Ge­schlech­ter­rol­len und setz­te sich haupt­säch­lich für Ehe- und Mut­ter­schutz ein. 1953 sprach sie sich zum Bei­spiel im Bun­des­tag für die Ent­las­sung von ver­hei­ra­te­ten Be­am­tin­nen aus. Vor dem Hin­ter­grund des Kal­ten Krie­ges soll­te in We­bers Sicht die Fa­mi­lie als Schutz vor der gra­vie­ren­den Bol­sche­wi­sie­rung der Ge­sell­schaft fun­gie­ren. Die­se kon­ser­va­ti­ve Po­si­ti­on, die zum Teil dem Zeit­geist ent­sprach, sorg­te für Pro­test bei vie­len jün­ge­ren CDU-Frau­en, wel­che die Ver­ein­ba­rung von Ar­beit und Fa­mi­lie er­mög­li­chen woll­ten.

Helene Weber, auch Vorsitzende des Müttergenesungswerkes, im Gespräch mit Bundespräsident Theodor Heuss während einer Pressekonferenz, 28.4.1959. (Bundesarchiv)

 

Die ehe­ma­li­ge Reichs­tags­ab­ge­ord­ne­te We­ber, die in der CDU/CSU-Frak­ti­on für ih­ren Hu­mor ge­prie­sen wur­de, be­män­gel­te die feh­len­de Ge­sel­lig­keit im Bun­des­tag und sehn­te sich nach der Ka­me­rad­schaft des Reichs­tags. Als Fran­ko­phi­le und Toch­ter ei­ner ge­bür­ti­gen Hol­län­de­rin ver­lor sie das Ziel der eu­ro­päi­schen Ei­ni­gung nie aus den Au­gen. 1950-1962 ge­hör­te sie der deut­schen De­le­ga­ti­on im Eu­ro­pa­rat an, der sie ab 1957 vor­stand. Zu ih­rem En­ga­gem­rent für Frau­en und Müt­ter ge­hör­te auch, dass sie nach dem Tod von El­ly Heuss-Knapp (1881-1952) 1952-1959 dem Ku­ra­to­ri­ums des Deut­schen Müt­ter­ge­ne­sungs­wer­kes vor­stand.

He­le­ne We­ber starb im Al­ter von 81 Jah­ren am 25.7.1962 in Bonn. Be­gra­ben liegt sie auf dem Nord­fried­hof in Reck­ling­hau­sen.

Zu Leb­zei­ten wur­den ihr zahl­rei­che Eh­run­gen zu­teil: 1930 ver­lieh ihr die Staats­wis­sen­schaft­li­che Fa­kul­tät der Uni­ver­si­tät Müns­ter die Eh­ren­dok­tor­wür­de. 1956 wur­de mit sie mit dem Gro­ßen Ver­dienst­kreuz mit Stern der Bun­des­re­pu­blik Deutsch­land ge­ehrt, dem 1961 das Schul­ter­band zum Gro­ßen Ver­dienst­or­den mit Stern folg­te. Heu­te tra­gen Stra­ßen und Schu­len ih­ren Na­men. Seit 2009 schreibt das Bun­des­mi­nis­te­ri­um für Fa­mi­li­en, Se­nio­ren, Frau­en und Ju­gend den He­le­ne-We­ber-Preis aus, wo­mit das po­li­ti­sche En­ga­ge­ment von Frau­en auf kom­mu­na­ler Ebe­ne ge­för­dert wer­den soll.

Werke

We­ber, He­le­ne,: Vom «Amt» zur «Auf­ga­be», in: Ehr­le, Ger­trud, Licht über dem Ab­grund. Auf­zeich­nun­gen und Er­leb­nis­se christ­li­cher Frau­en, Frei­burg, 1951, S. 16-20.

Quellen

Nach­lass He­le­ne We­ber (ED/160) In­sti­tut für Zeit­ge­schich­te(Mün­chen). Nach­lass He­le­ne We­ber, Ka­tho­li­scher Deut­scher Frau­en­bund (Köln).

Literatur

Bösch, Frank, Die Ade­nau­er-CDU. Grün­dung, Auf­stieg und Kri­se ei­ner Er­folgs­par­tei. 1945-1969. Stutt­gart/Mün­chen 2001.
Braun, Mi­cha­el, He­le­ne We­ber, in: Buch­stab, Gün­ter/Got­to, Klaus (Hg.), Die Grün­dung der Uni­on. Tra­di­tio­nen, Ent­ste­hung und Re­prä­sen­tan­ten, Mün­chen/Wien 1981, S. 145-156.
Holz, Pe­tra, Zwi­schen Tra­di­ti­on und Eman­zi­pa­ti­on. Po­li­ti­ke­rin­nen in der CDU in der Zeit von 1945 bis 1957, Kö­nig­stein/Tau­nus, 2004.
Lau­te­rer, Hei­de-Ma­rie, Par­la­men­ta­rie­rin­nen in Deutsch­land, Kö­nig­stein/Tau­nus 2002.
Lan­ge, Er­hard H. M., He­le­ne We­ber(1881-1962): Ein Frau­en­le­ben für die Po­li­tik, in: Ge­schich­te im Wes­ten 21 (2006), S. 183-201.
Leich­sen­ring, Ja­na, He­le­ne We­ber, in: Vier­haus, Ru­dolf (Hg.), Bio­gra­phi­sches Hand­buch der Mit­glie­der des Deut­schen Bun­des­ta­ges 1949-2002, Bd. 2, Mün­chen, 2002, S. 923-924.
Mor­sey, Ru­dolf, He­le­ne We­ber (1881-1962), in: Aretz, Jür­gen/Mor­sey, Ru­dolf/Rau­scher, An­ton (Hg.), Zeit­ge­schich­te in Le­bens­bil­dern. Aus dem deut­schen Ka­tho­li­zis­mus des 19. und 20. Jahr­hun­derts, Bd. 3, Mainz 1979, S. 223-235.
Mor­sey, Ru­dolf, Der Un­ter­gang des po­li­ti­schen Ka­tho­li­zis­mus. Die Zen­trums­par­tei zwi­schen christ­li­chem Selbst­ver­ständ­nis und „Na­tio­na­ler Er­he­bun­g“ 1932/33, Stutt­gart/Zü­rich 1977.
Pré­gar­dier, Eli­sa­beth/Mohr, An­ne, Po­li­tik als Auf­ga­be: En­ga­ge­ment christ­li­cher Frau­en in der Wei­ma­rer Re­pu­blik . Auf­sät­ze, Do­ku­men­te, No­ti­zen, Bil­der. Ann­wei­ler, 1990.
Schmidt-Kod­den­berg, An­ge­li­ka, He­le­ne We­ber, in: Fröh­lich, Mi­cha­el (Hg.), Die Wei­ma­rer Re­pu­blik. Por­trät ei­ner Epo­che in Bio­gra­phi­en, Darm­stadt, 2002, S. 244-255.
Schu­ma­cher, Mar­tin (Hg.), M.d.R., die Reichs­tags­ab­ge­ord­ne­ten der Wei­ma­rer Re­pu­blik in der Zeit des Na­tio­nal­so­zia­lis­mus: po­li­ti­sche Ver­fol­gung, Emi­gra­ti­on und Aus­bür­ge­rung 1933-1945. Ei­ne bio­gra­phi­sche Do­ku­men­ta­ti­on, Düs­sel­dorf 1994, S. 612.
Ze­hen­der, Kath­rin, Chris­ti­ne Teusch. Ei­ne po­li­ti­sche Bio­gra­fie, Düs­sel­dorf 2014.

Online

vom Ho­fe, Ina, He­le­ne We­ber, in: Kon­rad-Ade­nau­er-Stif­tung: Ge­schich­te der CDU. [On­line]

Helene Weber Briefmarke, aus dem Block 50 Jahre Frauenwahlrecht in Deutschland, 1969.

 
Zitationshinweis

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Bernier-Monod, Agathe, Helene Weber, in: Internetportal Rheinische Geschichte, abgerufen unter: https://www.rheinische-geschichte.lvr.de/Persoenlichkeiten/helene-weber-/DE-2086/lido/5a32546e204ae1.92353204 (abgerufen am 18.04.2024)