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S., auf dem Familiensitz (->) Grünsberg geboren, besuchte das (->) Melanchthon-Gymnasium und studierte an den Universitäten in München und Berlin 1849-55 Rechtswissenschaften. Danach war er Praktikant an den Gerichten in (->) Altdorf und N, Akzessist am Appellationsgericht in Bamberg, ab 1862 Assessor am (->) Stadtgericht N und schließlich ab 2.1.1867 am kgl. Bezirksgericht in N. S. wurde am 19.7.1867 einstimmig vom (->) Kollegium der Gemeindebevollmächtigten zum Nachfolger des Ersten Bgm. Maximilian v. (->) Wächter gewählt. Die Bestätigung der Wahl durch Kg. Ludwig II. (1864-86) erfolgte erst am 29.8.1867, da man in München schwerste Bedenken gegen den als entschieden liberal, kleindeutsch und preußenfreundlich eingestuften S. hegte. Mit S. stand bislang zum einzigen Mal wieder ein Vertreter aus dem ehem. rst. (->) Patriziat an der Spitze der bayerisch gewordenen Stadt. S. gelang in seiner 24jährigen Amtszeit der Auf- und Ausbau einer arbeitsfähigen Leistungsverwaltung, die im Zuge der neuen Gemeindeordnung von 1869 den nun wesentlich größer gewordenen Spielraum der (->) kommunalen Selbstverwaltung auszugestalten hatte. In seiner Amtszeit wurden im Zeichen von (->) Urbanisierung und (->) Industrialisierung wichtige Großprojekte zur Schaffung und Verbesserung der städtischen Infrakstruktur realisiert: Die Kommunalisierung des (->) Gaswerks, der Bau der Pferdebahn ((->) Straßenbahn), die Gründung des (->) Bayerischen Gewerbemuseums, die Anlage des Centralfriedhofs ((->) Westfriedhof), der Ausbau von (->) Kanalisation und (->) Wasserversorgung sowie die Anlage eines zentralen Vieh- und (->) Schlachthofs. Manche Projekte erwiesen sich jedoch schon nach kurzer Zeit als für den Bedarf der explosionsartig wachsenden Stadt nicht ausreichend dimensioniert, so daß von einer vorausschauenden (->) Stadtplanung in der Ära S. nur bedingt gesprochen werden kann. Des öfteren vertrat S. hinsichtlich der Einführung neuer Technologien eine eher zögerliche Haltung. Auf S. persönliche Initiative gehen die Gründung der Baugewerkschule ((->) Bauschule) und der Fortbildungsschule für Mädchen ((->) Wirtschaftsschule) zurück. 20 Jahre war er überdies Präsident des Landrats (Vorläufer des heutigen Bezirkstags) von (->) Mittelfranken. Obwohl Gründungsmitglied des (->) Vereins für Geschichte der Stadt N, plädierte er für die weitgehende Niederlegung der (->) Stadtbefestigung, die er wie viele seiner Zeitgenossen als Verkehrshindernis, Hemmschuh für die Wirtschaftsentwicklung und die Verbesserung der öffentlichen (->) Gesundheitspflege empfand. Im Gegensatz zu seinem Nachfolger Georg v. (->) Schuh lehnte S. eine Kooperation mit der erstarkenden (->) SPD ab. Nachhaltig setzte er sich für religiöse Toleranz und Gleichstellung der Konfessionen ein. Dies manifestierte sich in der Rede zur Eröffnung der (->) Synagoge 1874 und in der Einführung der (->) Gemeinschaftsschule. S. wurde in der Familiengruft auf dem (->) Johannisfriedhof beigesetzt. Eine Straße im Stadtteil (->) Tafelhof wurde nach ihm benannt.
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