Henry van de Velde

03.04.1863 – 25.10.1957

Henry van de Velde wird am 3. April 1863 in Antwerpen geboren. 1881 beginnt er das Studium der Malerei an der Académie des Beaux-Arts in seiner Heimatstadt, anschließend verbringt er ein Jahr in Paris bei Charles Duran. Wieder zurück in Belgien initiiert er 1887 die Künstlergruppe Association pour l’art indépendant, ein Jahr später wird er Mitglied der Gruppe Vingt, an deren Ausstellungen er beteiligt ist. Unter dem Einfluss der englischen Arts and Crafts-Bewegung beginnt van de Velde, Möbel und Inneneinrichtungen zu entwerfen. Im Jahr 1900 zieht er nach Berlin, zwei Jahre später nach Weimar, wo er künstlerischer Berater für Industrie und Kunsthandwerk wird. 1906/7 wird er außerdem Leiter der Kunstgewerbeschule Weimar und im selben Jahr Gründungsmitglied des Deutschen Werkbundes. Zur Werkbund-Ausstellung in Köln von 1914 trägt er den Theaterbau bei. 1917 emigriert er in die Schweiz und 1920 nach Holland. 1926 wird er Leiter des Institut Supérieur des Arts Décoratifs in Brüssel und übernimmt zugleich eine Professur an der Universität in Gent. 1947 siedelt er in die Schweiz über, wo er die letzten zehn Jahre seines Lebens in Unterägeri verbringt. Henry van de Velde stirbt am 25.10.1957 in Zürich.


Henry van de Velde, der seine Karriere als Maler beginnt, wendet sich unter dem Einfluss der englischen Arts and Crafts – Bewegung von John Ruskin und William Morris schon bald dem Kunsthandwerk und der Innenarchitektur zu und verwendet dabei die Formensprache des linearen Jugendstils. Um 1900, dem Jahr seiner Übersiedlung nach Berlin, lernt er Karl Ernst Osthaus kennen, der ihn mit dem Innenausbau seines Folkwangmuseums in Hagen beauftragt. Während einiger Jahre führt er, unterstützt von Eberhard von Bodenhausen, die Henry van de Velde G.m.b.H. Kunstwerkstätten, die 1902 aber liquidiert wird. Trotz des finanziellen Debakels ist diese Zeit eine von van de Veldes produktivsten Phasen. Als er 1906/7 die Kunstgewerbeschule Weimar gründet, ist sein erklärtes Ziel: „…funktionelle Formen und organische Elemente zu entwickeln, mit denen die Industrien die Aufmerksamkeit des abgestumpften Publikums erregen (…) konnten.“ (Geschichte meines Lebens, S. 292)

Im selben Jahr erscheint sein Buch Vom neuen Stil. Sein Verhältnis zur Industrie bleibt aber ein Gespaltenes, und so begegnet er auf der Werkbund-Ausstelllung von 1914 in Köln den zehn Thesen von Hermann Muthesius mit Ablehnung. Seine zehn Gegenthesen beginnen wie folgt:

Solange es noch Künstler im Werkbund geben wird und solange diese noch Einfluß auf dessen Geschicke haben, werden sie gegen jeden Vorschlag eines Kanons oder einer Typisierung protestieren.

Geschichte meines Lebens. S. 365

Für die Ausstellung hat van de Velde einen beeindruckenden Theaterbau entworfen.

In den frühen 20er Jahren widmet sich Henry van de Velde ganz den Entwürfen des Rjiksmuseum Kröller-Müller in Otterlo (Holland), das aber aus finanziellen Gründen in dieser Form nie gebaut, sondern 1938 in einem ebenfalls von ihm konzipierten Provisorium eröffnet wird.

In seinen Jahren zurück in Belgien entwirft van de Velde neben seiner Lehrtätigkeit in Brüssel und Gent unter anderem die Ausstattung von Eisenbahnwaggons und von Kreuzschiffen. Außerdem ist er für den belgischen Beitrag zu den Weltausstellungen in Paris 1937 und New York 1939 verantwortlich. Während der deutschen Besetzung Belgiens im zweiten Weltkrieg arbeitet van de Velde bei einem Wiederaufbauprogramm mit. Als er 1947 in die Schweiz übersiedelt, beginnt er mit der Niederschrift seiner Memoiren, die 1962 posthum unter dem Titel Geschichte meines Lebens erscheinen.


Literatur

Henry van de Velde: Geschichte meines Lebens. Hrsg. von Hans Curiel. München 1962

Susan M. Canning: Henry van de Velde (1863–1957). Paintings and Drawings. Ausstellungskatalog. Antwerpen 1987

Deutscher Werkbund und Werkbundarchiv (Hrsg.): Die Zwanziger Jahre des Deutschen Werkbunds. Giessen 1982

Karl Ernst Osthaus: Van de Velde. Berlin 1984. (Reprint der Originalausgabe des Folkwang-Verlags von 1920.)

Kaiser Wilhelm Museum Krefeld/Karl Ernst Osthaus-Museum der Stadt Hagen (Hrsg.): Deutsches Museum für Kunst in Handel und Gewerbe 1909–1919. Gent 1997

Klaus-Jürgen Sembach: Henry van de Velde. Stuttgart 1989

Klaus-Jürgen Sembach/Birgit Schulte (Hrsg.): Henry van de Velde. Ein europäischer Künstler seiner Zeit. Ausstellungskatalog. Köln 1992


Links

Werkverzeichnis der Stiftung Weimarer Klassik und Kunstsammlungen (SWKK), Forschungsprojekt „Werkverzeichnis Henry van der Velde“