Silesius, Angelus

[679] Silesius, Angelus (Johann Scheffler), geb. 1624 in Breslau, fürstbischöflicher Rat, gest. 1677 in Breslau, der bekannte Dichter, ist Anhänger einer christlich-pantheisierenden (von Eckhart beeinflußten) Mystik, nach welcher Gott und Mensch einander bedingen, nicht ohne einander ihr Wesen und Sein haben. Aus seinem »Cherubinischen Wandersmann« sei angeführt:

Ich weiß, daß ohne mich Gott nicht ein Nun kann leben;

Werd' ich zu nicht, er muß vor Not den Geist aufgeben.

Ich bin so groß als Gott, er ist als ich so klein;

Er kann nicht über mich, ich unter ihm nicht sein.

Gott ist in mir das Feu'r, und ich in ihm der Schein:

Sind wir einander nicht ganz inniglich gemein?

Ich selbst bin Ewigkeit, wenn ich die Zeit verlasse.

Und mich in Gott und Gott in mich zusammenfasse.

Der ungewordene Gott wird mitten in der Zeit,

Was er nie ist gewest in aller Ewigkeit.

Die Kreaturen sind des ew'gen Wortes Stimme,

Es singt und klingt sich selbst in Anmut und im Grimme.

SCHRIFTEN: Der cherubinische Wandersmann, hrsg. von Hartleben. – Vgl. F. KERN, J. Schefflers Cherub. Wand., 1866. – MAHN, Die Mystik: des A. Silesius, 1892. – SELTMANN, A. S. u. seine Mystik, 1896.

Quelle:
Eisler, Rudolf: Philosophen-Lexikon. Berlin 1912, S. 679.
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