Bertuch, Friedrich Justin

[57] Bertuch, Friedrich, Justin. Der auch als fruchtbarer Schriftsteller bekannte F. J. Bertuch wurde am 30. 9. 1747 zu Weimar[57] geboren; er widmete sich dem Studium der Theologie, später der Rechtswissenschaft und wurde 1769 Erzieher der Söhne des auch als Dichter bekannten Freiherrn L. H. Bachoff von Echt auf Dobitschen bei Altenburg. Anonym ließ B. 1772 seine Wiegenlieder erscheinen, denen 1775 das Trauerspiel Elfriede und das Monodrama Polyxena folgten. Im gleichen Jahre erhielt er seine Ernennung zum Geheimsekretär des Herzogs Karl August. War er bereits früher ein eifriger Mitarbeiter an Wielands Deutschem Merkur gewesen, so entwarf er jetzt im Verein mit Wieland und Schütz den Plan zur Jenaischen allgemeinen Litteraturzeitung. 1786 gründete B. in Gemeinschaft mit Kraus das erste deutsche Modenblatt »Journal des Luxus und der Moden«, das bis 1827 erschien. 1790 folgte die 12bändige »Blaue Bibliothek aller Nationen« (Gotha 1790-1800) und das seiner Zeit in vielen tausend Exemplaren verbreitete »Bilderbuch für Kinder« (190 Hefte bezw. 12 Bde. in 4° mit 1185 kolorierten Kupfertafeln 1790-1822).

Seine Bedeutung für den Buchhandel liegt in der 1789 erfolgten Gründung des Industrie-Comptoirs in Weimar, das ursprünglich für den Vertrieb der Landeserzeugnisse nach auswärts bestimmt, sich infolge der Ungunst der damaligen Verhältnisse, nicht zum wenigsten der schlechten Verkehrsmittel, nur mühsam entwickelte und Bertuch schließlich auf das beschränkte Feld des Verlagsbuchhandels führte. Aus dem Staatsdienste geschieden, gab B. 1802 seiner Anstalt die Firma Landes-Industrie-Comptoir und widmete sich ausschließlich dem Kunst- und Verlagshandel. Seine oben erwähnten großen Unternehmungen wurden ausgebaut und mit besonderer Vorliebe warf sich B. auf das geographische Fach, das, da seine Unternehmungen immer umfangreicher wurden, ihn zur Schaffung einer eigenen Anstalt bewog: es erfolgte 1804 die Gründung des Geographischen Instituts. Mannigfaltigster Art und von bedeutendem Einfluß auf die Entwickelung der Kartographie war die Verlagsthätigkeit Bertuchs. Die Karten von Güßefeld, August und Adolf Stieber, Reichard, Reinecke, Solzmann, Weiland u. a. verdrängten die früher berühmten Arbeiten von Fembo, Hohmann etc. Hunderten von fleißigen Arbeitern eröffnete B. eine ergiebige Quelle des Erwerbs.

45 Jahre war Legationsrat Bertuch ununterbrochen thätig, als ihn am 30. 4. 1822 der Tod abrief; beide Geschäfte gingen auf seinen Schwiegersohn, den Obermedizinalrat Dr. L. Fr. von Froriep (geb. 15. 6. 1779) über, der ihm eine Reihe von Jahren als eifriger[58] Mitarbeiter zur Seite gestanden hatte. Noch vor dessen 1846 erfolgtem Tode übernahm die beiden Handlungen sein Sohn Dr. Robert Froriep (gest. 1861), in dessen Besitz sie bis 1855 verblieben. In diesen Jahren erschienen die geschätzten Kartenarbeiten von Dr. H. Kiepert. Inzwischen war das Geographische Institut an Ludwig Denicke aus Lüneburg übergegangen und unter der Leitung dieses erfahrenen Geschäftsmannes entfaltete dasselbe wiederum eine reiche Thätigkeit. Der 1797 begonnenen und 1804 erschienenen ersten Auflage des großen Kiepertschen Kartenwerkes »Handatlas der Erde und des Himmels in 70 Blatt«, folgte nun die zweite von C. und A. Gräf bearbeitete Auflage, der sich zahlreiche neue Auflagen in steter Verbesserung anschlossen.

Im Frühjahr 1858 ging das Landes-Industrie-Comptoir sowie das Geographische Institut an Karl Voigt und Julius Günther über, die die einzelnen Geschäftszweige, Stahl- und Kupferstichanstalt, Steindruckerei, Kolorieranstalt, galvanoplastische und Gravieranstalt etc. weiter ausbauten. Seit 1862 wurde von ihnen der Buchverlag unter der Firma Voigt & Günther debitiert, der geograph. Verlag blieb unter dem Namen Geographisches Institut weiterbestehen und für die technischen Anstalten wurde die alte Firma Landes-Industrie-Comptoir beibehalten.

Die Firma Voigt & Günther in Leipzig 1864 von Günther übernommen und unter seinem Namen Ernst Julius Günther als Verlag und Kommissionsgeschäft fortgeführt worden. Nach der 1867 erfolgten Abtrennung des Kommissionsgeschäftes und Verkauf an Ernst Heitmann in Leipzig wurde die Handlung seit 1879 von einem Konsortium unter der neuen Firma Ernst Julius Günther Nachfolger weitergeführt und ging 1881 an Ambr. Abel über. –

Das Geographische Institut in Weimar wurde 1883 von einer Kommanditgesellschaft übernommen.

Quellen: Verzeichnis der im Geogr. Institut etc. erschienenen Atlanten etc. Weimar 1861.

Quelle:
Rudolf Schmidt: Deutsche Buchhändler. Deutsche Buchdrucker. Band 1. Berlin/Eberswalde 1902, S. 57-59.
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