Campe, Joachim Heinrich

[127] Campe, Joachim, Heinrich. Joachim Heinrich Campe, geb. 29. 6. 1746 zu Deensen bei Holzminden, gest. 22. 10. 1818 in Braunschweig, studierte in Halle und Helmstedt Theologie, war Prediger in Potsdam, Edukationsrat und Lehrer am Philantropin in Dessau, legte 1777 ein eigenes Erziehungsinstitut in Billwärder bei Hamburg an, das er 1783 nach Trittow verlegte und dann an E. C. Trapp abtrat. 1787 wurde er als Schulrat nach Braunschweig berufen. Als solcher versuchte er eine Reorganisation des gesamten Braunschweiger Schulwesens.[127]

»Als ich die Ehre hatte,« – heißt es in seiner Manuskriptschrift »An meine Freunde« (Wolfenbüttel 1787) – »Sr. Hochfürstl. Durchlaucht (nämlich dem damaligen Herzog Karl Wilhelm Ferdinand) meine unmaßgeblichen Ideen über eine gründliche und fortschreitende Verbesserung der öffentlichen Schulen und darunter denn auch diese vorzulegen: daß man eine neue, planmäßig geordnete und unsern Zeitbedürfnissen angemessene Sammlung von Schulbüchern veranstalten müsse; so warf ich selbst die Frage dabei auf: wie man es denn nun aber anzufangen habe, um diese Bücher, ohne Belästigung der Eltern und des Landes, den Kindern und jungen Leuten in die Hände zu spielen? Und ich antwortete: dazu müsse man eine eigene Schulbuchhandlung anlegen.«

Wenn Seine Hochfürstl. Durchlaucht, repliziert Campe weiter, eine solche Buchhandlung auf eigene Kosten anlegen wolle, so würde er dieselbe unentgeltlich dirigieren und sich auch bemühen, dieser Handlung anderweitige gute Verlagsartikel zu verschaffen. Die von Campe selbst verfaßten Schriften sollte die Handlung ebenfalls debitieren.

Die Regierung ging auf diesen Plan nicht ein, genehmigte dafür aber, daß Campe die Buchhandlung auf seine Rechnung und Gefahr eröffne. Das geschah. Er übernahm Ende 1787 die bisher mit dem Waisenhause verbundene Buchdruckerei und Buchhandlung unter der nunmehrigen Firma Braunschweigische Schulbuchhandlung, welche nun durch den Verlag seiner eigenen, einen bedeutenden Einfluß auf ihre Zeit ausübenden theoretischen Schriften pädagogischen, sprachlichen und populär-philosophischen Inhalts und durch seine weit über Deutschlands Grenzen hinaus verbreiteten Jugendschriften, von denen der 1779 entstandene und in fast alle europäischen Kultursprachen übersetzte »Robinson der Jüngere« (119. Aufl. 1897), eine noch heute unübertroffene Lieblingslektüre unserer Jugend bildet, eine hervorragende Bedeutung gewonnen. Die berühmtesten Zeitgenossen stellten Campe ihre Geistesprodukte zur Herausgabe zur Verfügung. Campes eigene Produktion, die er selbst bezw. die Schulbuchhandlung verlegt hat, belief sich auf etwa 40 selbständige Schriften, darunter sind neben dem Robinson die wichtigsten das 5bändige »Wörterbuch der deutschen Sprache« (1807-12), sein »Theophron oder der erfahrene Rathgeber für die unerfahrene Jugend« (12. Ausg. 1872), seine »Kinderbibliothek« und die Sammlung der »Reisebeschreibungen«, sowie die großangelegte 1785-91 in 16 Bänden erschienene »Allg.[128] Revision des gesamten Schul- und Erziehungswesens« (bearbeitet von einer Gesellschaft praktischer Erzieher unter Campes Leitung).

1799 übergab Campe seinem Schwiegersohn Friedrich Vieweg die Schulbuchhandlung; sie ist bis heute unter diesem Namen im Besitze der Familie Vieweg verblieben und fortgeführt worden.

Quellen: An meine Freunde (siehe oben); Leyser, J. H. Campe, Braunschweig 1896; Verlagskatalog Vieweg und Sohn in Braunschweig 1899.

Quelle:
Rudolf Schmidt: Deutsche Buchhändler. Deutsche Buchdrucker. Band 1. Berlin/Eberswalde 1902, S. 127-129.
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