Eschenmayer, Karl Adolf

[159] Eschenmayer, Karl Adolf, geb. 1786 in Neuenburg (Württemberg), Prof. in Tübingen, gest. 1852 in Kirchheim.

E. ist von Schelling ausgegangen, hat sich dann aber (unter dem Einflusse von Jacobi) einer supranaturalistischen Glaubensphilosophie zugewandt. Vom Wissen ist zum Glauben, zur »Nichtphilosophie« fortzuschreiten, welche das Gute, Wahre usw. unmittelbar erfaßt; Gott' wird durch innere Offenbarung, durch geistiges Schauen erkannt. In unserem Geiste (Ich) liegt der Maßstab für Natur und Leben, er überträgt seine »Gesetze, Gleichungen und Typen« auf die Natur. Die Kategorien sind durch die rationale Psychologie aus der Ichheit zu deduzieren. In dem Grundgesetz des Selbstbewußtseins ist die Form schon mit dem Gehalt gegeben und »erst von ihm aus erhält der logische Verstand seine Formen, seine Kategorien, seine Fundamentalsätze, die er dann auf die ihm anderwärts her dargebotene Materie des Denkens anwendet« (Psychol. S. 299 ff.). Die Ideen sind »Urtypen, die vor allem Einzelnen und Wirklichen bestanden haben und die das Einzelne, Wirkliche beseelen und ihm ihr Wesen leihen«. Die Natur ist ein Reflex der Idee. Das Wort Gottes ist der »Urquell der Dinge«. »Im Wort ist die Allweisheit und Allmacht, ihre Offenbarung ist die Schöpfung, und in dieser liegt das Reich der Geister, des Lebens und der Natur... Allen aber ist ein Plan zur Entwicklung vorgeschrieben« (Naturphilos. S. 270 ff.). Die Ideen des Wahren, Schönen und Guten sind im Geiste als Urbilder, als »Integrale« oder höhere Einheiten, in der Natur als Abbilder oder als »gebrochene oder differenzierte Einheiten«, im System des Lebens haben sie individuelle Existenz. Überall bilden die Ideen »drei große Proportionen«. »Im Geistigen ist das Freie im Übergewicht, im Weltlichen das Notwendige, im Leiblichen sind beide im Gleichgewicht.« Die Welt ist »nur der differenzierte Geist«. In der Mitte der Welt ruht unbeweglich die »Naturseele« als Organ des göttlichen Geistes. Die »Lebenskraft« modifiziert alle physischen Gesetze und schafft sich ihre eigenen. Gott ist außer Raum und Zeit, aber sein allgegenwärtiges Wirken geht herein in Raum und Zeit und substantialisiert die Ideen darin. Die unbedingte Wahl- und Machtvollkommenheit in Gott geht allen Gesetzen und Ideen vorher.[159]

Schriften: Sätze aus der Naturmetaphysik, auf chemische und medizinische Gegenstände angewandt, 1797. – Die Philosophie in ihrem Uebergange zur Nichtphilosophie, 1803. – Psychologie, 1817. – System der Moralphilosophie, 1818, – System des Moralrechts, 1819-20. – Religionsphilosophie, 1818-24. – Grundriß der Naturphilosophie, 1832. – Grundzüge der christlichen Philosophie, 1840, u. a.

Quelle:
Eisler, Rudolf: Philosophen-Lexikon. Berlin 1912, S. 159-160.
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