Lambert, Johann Heinrich

[378] Lambert, Johann Heinrich, geb. 1728 in Mühlhausen, 1728 ff. Hauslehrer in Chur und dann auf Reisen, 1760 Mitglied der Akademie in München, seit 1764 in Berlin. Mitglied der Akademie daselbst, gest. 1777. Von Kant, mit dem er in Briefwechsel stand und mit dein er manches gemein hat, wurde er eine Zeitlang außerordentlich geschätzt.

L. (der auch als Physiker von Bedeutung ist; Photometer) sucht den Rationalismus (Chr. Wolff) und Empirismus (Locke) zu einer neuen Synthese zu bringen, wie sie aber erst Kant gelungen ist. Das »neue Organon« umfaßt vier Wissenschaften: 1. »Dianoiologie«. die Lehre von den Gesetzen des Verstandes, 2. »Alethiologie«, die Lehre von den einfachsten Grundbegriffen und deren Verbindungen sowie vom Kriterium der Wahrheit, 3. »Semiotik« (Philosophische Sprachlehre), die Lehre von der Bezeichnung der Gedanken, 4. »Phänomenologie«, die Lehre vom Schein. Die Schlußformen symbolisiert L. durch Linien. Die obersten Denkgesetze sind der Satz des Widerspruches und der Satz des Grundes. Diese Sätze sind auch die allgemeinsten Kriterien der Wahrheit. Die ewigen Wahrheiten weisen auf eine ewige Intelligenz hin (Architektonik § 299). Betreffs des Urteils vertritt L. die »Inhaltstheorie« der Identität; das Urteil ist die Verbindung oder Trennung zweier Begriffe. Form und Inhalt der Erkenntnis werden unterschieden. Die Formen des Denkens sind auch Formen des Seins. Absolut a priori ist nur das, »wobei wir der Erfahrung vollends nichts zu danken haben«. Der physische Schein, wo die Suche wirklich da ist, die den Schein erregt, wird vom »idealischen« (psychischen, moralischen) Schein unterschieden. Die Absonderung der Wahrheit vom Schein kommt dem Verstand zu. Der subjektive Teil des Scheins ist die »Parallaxe«. Die Triebfedern des Willens lassen sich wie Kräfte messen, eine »Agathometrie« ist möglich.

SCHRIFTEN: Kosmologische Briefe, 1761 (Von Newton beeinflußt), – Neues Organon, 1764 (Hauptwerk). – Anlage zur Architektonik, 1771. – Logische und philosophische Abhandlungen, hrsg. von Bernoulli, 1782. – Briefwechsel, 1781 f. – Vgl. D. HUBER, J. H. L., 1829. – J. LEPSIUS, J. H. L., 1881. – O. BAENSCH, J. H. L.s Philosophie u. 601110 Stellung zu Kant, 1902.

Quelle:
Eisler, Rudolf: Philosophen-Lexikon. Berlin 1912, S. 378.
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