Bertelsmann, Carl

[55] Bertelsmann, Carl. Im Jahre 1835 hatte Carl Bertelsmann, geb. 1791 in Gütersloh, einen Buchbinderladen eröffnet, dem er in kurzer Zeit eine lithographische Anstalt sowie eine Druckerei anfügte; der 1. Juli 1835 gab dem Buchhandel Kenntnis von der Begründung des Verlagsgeschäfts Carl Bertelsmann. Seine ersten Verlagswerke lithographierte Notenhefte, die Eickhoffschen Schulbücher, und daneben das »Evangelische Monatsblatt für Westfalen« (Auflage gegenwärtig 17000). 1850 starb Carl B., ihm folgte als Besitzer sein Sohn Heinrich B., geb. am 23. 12. 1827, der, auf der Gewerbeschule zu Bielefeld vorgebildet, seine buchhändlerische Bildung bei O. Sartorius in Barmen empfing; er kehrte, 21 Jahre alt, nach Gütersloh zurück, um seinen inzwischen erkrankten Vater zu unterstützen und übernahm sodann die Handlung für eigene Rechnung. 1852 vergrößerte er den Verlag durch Ankauf des ehemaligen Büschlerschen Verlagers in Elberfeld (gegr. um 1800) von dem damaligen Besitzer R. L. Friederichs; erwarb ferner 1869 den S. G. Lieschingschen Verlag in Stuttgart (gegr. 1835), der ihm u. a. die Schwabschen Sagen ins Haus brachte, daneben wurden ihm Vilmar, Philippi, von Raumer, Löhe u. s. w. zugeführt. Sein Verlag bewegte sich von da ab in ausgesprochen theologischer Richtung; er übernahm in der Folge allein an Zeitschriften: »Das Evangelische Schulblatt« von Dörpfeld 1857, »Beweis des Glaubens« von Andreä und Brachmann 1865, den »Allgemeinen literarischen Anzeiger« (1867-1874), die »Allgemeine Missionszeitschrift« von Warneck 1874, die 1895 in den Verlag von M. Warneck i. Fa. Rothers theolog. Buchhdl. in Berlin überging, »Siona« von Herold 1876, den »Theologischen Litteraturbericht« von Eger 1880, die »Monatsschrift für innere Mission« von Schäfer 1880, die »Zeitschrift für vergleichende Sprachforschung«[55] von Kuhn und Schmidt 1886. Bertelsmann war fortwährend bemüht, seinen Verlag zu vergrößern, so erstand er 1878 den gesamten Verlag von Gottfried Löhe zu Nürnberg (gegr. 1866), dem 1886 der von J. Remak in Berlin (gegr. 1855), sowie ein Teil des Ferd. Dümmlerschen Verlages (gegr. 1808) ebenda folgte; besonders der letztere brachte ihm einen wertvollen Zuwachs durch die Werke der Gebrüder Grimm. Um sich ganz dem Verlage widmen zu können, übergab er 1869 das Sortiment an Fr. Tigges, welches unter diesem Namen noch heute fortgeführt wird. – Nicht lange danach kaufte Bertelsmann die Firma J. D. Küster Nachfolger in Bielefeld, behielt aber diesen Firma-Namen bei. Hierdurch erwarb er auch die Druckerei und den Verlag des Bielefelder Tageblattes, der heutigen Westfälischen Zeitung. Als letztes größeres Unternehmen muß noch die Parallelbibel hervorgehoben werden, welche den unverfälschten Luthertext neben einer wörtlichen Uebersetzung wiedergeben sollte. Bertelsmann starb am 3. März 1887, worauf das Geschäft an seine Witwe überging, die ihren Schwiegersohn Johannes Mohn, geb. 16. Juni 1856, als Teilhaber aufnahm; dieser ist zur Zeit alleiniger Inhaber der Firma.

Quellen: Börsenblatt 1887.

Quelle:
Rudolf Schmidt: Deutsche Buchhändler. Deutsche Buchdrucker. Band 1. Berlin/Eberswalde 1902, S. 55-56.
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