Müller, Max

[483] Müller, Max, geb. 1823 in Dessau, seit 1854 Prof. der Philologie in Oxford, gest. 1900, durch seine sprach- und religionswissenschaftlichen Arbeiten berühmt, Übersetzer indischer theologisch-philosophischer Schriften (z.B. der Upanishads, 1884, der Vedischen Hymnen, 1891).

M., der u. a. für die Religionswissenschaft durch seinen Begriff des »Henotheismus« (Annahme eines Gottes als Stammesgott ohne Leugnung fremder Götter) von Bedeutung ist, definiert die Religion als die Wahrnehmung des Unendlichen. Der Mensch empfindet den »Druck des Unendlichen«. Jede Wahrnehmung des Endlichen ist von der Fühlung des Unendlichen begleitet. »Dem Menschen muß alles, von dem seine Sinne kein Ende sehen und keine Grenzen bestimmen können, als im vollen Sinne des Wortes endlos und grenzenlos erscheinen.« Das Bewußtsein der Grenze involviert das Bewußtsein von etwas jenseits der Grenze Liegenden. Alle Religion beginnt mit der Naturverehrung (Naturismus) und erhebt sich von der Stufe der physischen zur anthropologischen und psychologischen Religion.

Die Sprache hat ihren Ursprung in Lauten, welche besonders bei gemeinsamer Arbeit (»clamor concomitans«) ausgestoßen wurden, erst interjektional waren und dann zu Begriffszeichen wurden. Die Urworte sind ihrer Bedeutung nach schon Sätze. Die Sprache ist eine Bedingung des Denkens: »Keine Vernunft ohne Sprache.« Denken ist geradezu Sprache.

SCHRIFTEN: Essays, 1869-76 (deutsch). – Hibbert Lectures on the Origin and Growth of Religion, 1878; 2. ed. 1882; deutsch (Vorlesungen über den Ursprung und die Entwicklung der Religion), 1880; 2. A. 1881. – Science of Thought, 1887; deutsch (Das Denken im Lichte der Sprache) 1888, – Gifford-Vorlesungen: Natural Religion, 1889; deutsch 1890. – Physical Religion, 1890; deutsch 1892. – Anthropological Religion, 1891; deutsch 1894. – Theosophy or Psychological Religion, 1892; deutsch 1895. – Einleitung in die vergleichende Religionswissenschaft, 1874, u. a.

Quelle:
Eisler, Rudolf: Philosophen-Lexikon. Berlin 1912, S. 483-484.
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